Süddeutsche Zeitung

Energiewende:"Windkraftverhinderung ist Ideologie"

Lesezeit: 2 min

Grüne und SPD kritisieren den Oberhachinger CSU-Bürgermeister Stefan Schelle, weil der in seiner Funktion als Vorsitzender des Regionalen Planungsverbands ihrer Meinung nach zu wenig Flächen für Rotoren ausweist.

Von Bernhard Lohr, Oberhaching

Die Kritik an der Windkraft-Politik des Regionalen Planungsverbands München (RPV) hält im Landkreis München an. Dabei gerät der Oberhachinger Bürgermeister und Vorsitzende des Planungsverbands, Stefan Schelle (CSU), unter Rechtfertigungsdruck, weil er kürzlich Forderungen nach einer weitergehenden Ausweisung von Vorrangflächen für Windkraft als von "Ideologie" getrieben verworfen hat. Die Grünen und die SPD in Oberhaching drehen nun den Spieß um und erklären in Richtung Schelle: "Windkraft ist Zukunft - Windkraftverhinderung ist Ideologie."

In der Windkraft-Debatte steht Oberhachings Bürgermeister gerade besonders im Fokus. Er muss örtliche Belange im Blick haben und zugleich als RPV-Vorsitzender überörtlich die Windkraftplanung anschieben. Bis Ende 2027 sind mindestens 1,1 Prozent der Regionsfläche für Windräder vorzusehen. Bis Ende 2032 geht es bayernweit um 1,8 Prozent der Fläche. Ein Anfang Januar vorgelegter Vorabentwurf schlägt 22 Vorrangflächen in der Region vor, zu der außer der Landeshauptstadt München acht umliegende Landkreise gehören. Gerade im Landkreis München sehen sich Windkraft-Befürworter seitdem ausgebremst.

Im Landkreis München sind im Bereich Ismaning und Garching sowie im Hofoldinger Forst und im Forstenrieder Park drei Vorranggebiete vorgesehen. Der Perlacher Forst soll außen vor bleiben, was Grüne und SPD in Oberhaching in einer gemeinsamen Erklärung der Fraktionen und Ortsverbände kritisieren. Seit fast einem Jahr bereiteten die Anrainergemeinden Unterhaching, Oberhaching, Taufkirchen und Grünwald die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Windenergie vor, argumentieren sie. Der Oberhachinger Gemeinderat habe am 5. Dezember 2023 deren Gründung zugestimmt, mit dem Ziel, Windkraftanlagen mit Bürgerbeteiligung zu errichten.

Vor diesem Hintergrund mache es "fassungslos", dass Schelle in seiner Doppelrolle "die Umsetzung des Vorhabens verhindert", schreiben Sozialdemokraten und Grüne in einer gemeinsamen Erklärung. Die Begründung des RPV sei "fragwürdig", dass 15 Kilometer Abstand zwischen Windkraft-Gebieten einzuhalten seien und der Blick auf die Alpen frei bleiben solle. Die RPV-Pläne sollten überarbeitet werden. Gerade in einem Ballungsraum mit großem Energiebedarf sei der Aufbau erneuerbarer Energiequellen erforderlich. Das große Interesse bei Bürgern, sich an der Bürgerwind-Gesellschaft für den Windpark im Hofoldinger Forst finanziell zu beteiligen, zeige die Akzeptanz. Den per Bürgerentscheid vorerst verhinderten Windpark bei Altötting nennen SPD und Grüne als Beispiel dafür, was passiere, wenn man es falsch anstelle. "Ideologiegetriebene Gegenstrategien besonders bei CSU-Politikern gefährden den Standort Bayern."

Stefan Schelle hielt jüngst Kritikern entgegen, dass der RPV aktuell sogar 2,3 Prozent der Regionsfläche für Windkraft im Blick habe, also mehr als erforderlich. Es gehe um Beachtung übergeordneter Schutzziele. Dem alleine sehe er sich verpflichtet.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6356609
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.