Süddeutsche Zeitung

Verkehr:Mit der App an den Deininger Weiher

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Statt einer festen Freizeitlinie mit Fahrplan soll nun ein flexibler On-demand-Bus im südlichen Landkreis beliebte Ziele anfahren - und damit das Flexbus-Angebot ausgeweitet werden.

Von Martin Mühlfenzl, Oberhaching

Oberhaching ist schon ein Ort mit touristischem Antlitz - etwas ländlich, idyllisch, sogar mit Blühwiesen auf Kreisverkehren. Umso erstaunlicher, dass eine für den südlichen Landkreis München geplante Freizeitlinie die Gemeinde zwar hätte durchfahren, aber ausgerechnet hier nicht hätte halten sollen. Auf Initiative von Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) hat der Mobilitätsausschuss des Kreistags die Einführung der neuen Buslinie, die vom S-Bahnhof Höllriegelskreuth in Pullach über den Deininger Weiher, den S-Bahnhof Sauerlach bis zur Haltestelle in Aying und auch dem dortigen Wildtierpark Blindham führen sollte, nun aber gestoppt.

Dies geschah aber nicht, weil Schelle wegen der Nichtbeachtung bei der Trassenführung eingeschnappt gewesen wäre, sondern weil der Fraktionschef der CSU im Kreistag auf eine andere Alternative setzen will, die sich derzeit im südöstlichen Landkreis etabliert: den so genannten Flexbus - einen On-demand-Service, der via App je nach Bedarf gebucht werden kann und immer besser angenommen wird.

Vor allem der Deininger Weiher stand schon zu Beginn der Planungen für eine mögliche Freizeitlinie - ähnlich der Linie, die im Landkreis Starnberg das Kloster Andechs anfährt - im Zentrum, denn der Weg zu dem beliebten Ausflugsziel samt Lokal in der Gemeinde Straßlach-Dingharting ist beschwerlich. Vor allem dann, wenn die Ausflügler auf das Fahrrad setzen. Ein regelmäßig verkehrender Bus samt Anbindung an mehrere S-Bahnhöfe sollte aber auch Ausflügler bewusst zum Umstieg vom Auto aufs Radl bewegen. Und so wurde in die Überlegungen eingearbeitet, dass die Busse mit Anhängern fahren sollten, auf denen mehr als zehn Fahrräder hätten Platz finden. Der Freizeitbus mit der Nummer 298 hätte von 2025 an jeweils von April bis Oktober von Freitag bis Sonntag sowie an Feiertagen im Stundentakt zwischen Höllriegelskreuth und Aying verkehren sollen. Die Kosten für den Betrieb wurden auf nahezu 600 000 Euro jährlich geschätzt.

Nun liegt eine regelmäßig fahrende Linie vorerst auf Eis, wenn sie nicht bereits komplett vor dem Aus steht. Denn einem Antrag der CSU-Fraktion im Kreistag folgend hat der Mobilitätsausschuss entschieden, dass die Verwaltung im Landratsamt nun erst einmal aufzeigen soll, welche Vorzüge ein Flexbus auf dieser Trasse bieten könnte und wie er zu realisieren wäre. Dass ein solcher On-demand-Service, oder auch: Rufbus, Vorteile besitzt, steht für Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle außer Frage. "Ich gehe davon aus, dass ein On-demand den Bedarf in diesem Bereich am besten abdecken würde", sagte er.

Der Flexbus ist mittlerweile seit etwa fünf Monaten im südöstlichen Landkreis im Einsatz. Sieben Kleinbusse decken dabei von fünf bis 22 Uhr - ohne festen Fahrplan - den Bedarf in den Gemeinden Aying, Sauerlach und Brunnthal ab; von 22 Uhr an bis sechs Uhr morgens können Fahrgäste den Bus in Unterhaching, Oberhaching und Taufkirchen bestellen, auch der Ostbahnhof wird für Nachtschwärmer angefahren. Und erste Erfahrungen und Daten lassen darauf schließen, dass der Flexbus stark nachgefragt wird. Eine detaillierte Evaluierung wird es im Dezember dieses Jahres geben.

In Unterschleißheim soll der Flexbus geprüft werden

Weil der Freizeitverkehr vor allem witterungsabhängig ist, plädierte auch der stellvertretende Landrat Ernst Weidenbsuch (CSU) für die Einführung des On-demand-Services statt der Freizeitlinie. "Dafür ist das Angebot klassisch geeignet", so der Haarer, auch eine Fahrradmitnahme per Anhänger müsse bei den kleineren Bussen möglich sein. Markus Büchler von den Grünen indes sagte, er sei skeptisch, dass das Flexbus-Angebot derart ausgeweitet werden könne. "Es wäre schade, wenn wir die Freizeitlinie vertagen. Der Flexbus ist nicht von heute auf morgen die Wunderlösung", so der Oberschleißheimer Landtagsabgeordnete.

Klar ist schon heute, dass der Flexbus als Freizeitlinie frühestens 2026 eingeführt werden kann, wenn die Auswertung der ersten Datenanalyse im Dezember abgewartet werden soll; denn die Ausarbeitung einer neuen Linie - auch als On-demand - mit dem Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) benötigt zwei Jahre.

Wie populär der neue Rufbus-Service ganz offenkundig ist, zeigt auch das Beispiel Unterschleißheim. Die Stadt hatte beim Landkreis beantragt, innerhalb der Stadtgrenzen eine feste Kleinbuslinie einzurichten. Dieses Ansinnen wurde vom Mobilitätsausschuss abgelehnt und stattdessen ebenfalls auf die bisherigen Erfahrungen mit dem Flexbus im südöstlichen Landkreis verwiesen. Dass ein ähnliches Projekt im Norden in Unterschleißheim eingeführt werden könnte, begrüßte Bürgermeister Christoph Böck (SPD), er könne auch damit leben, wenn spätestens im kommenden Jahr entsprechende Planungen für einen Stadtbus beginnen würden.

Wer den dann fahren soll, ist aber eine der großen Fragen. Denn die Branche kämpft mit massivem Fachkräftemangel, wie auch Stefan Schelle noch einmal klarstellte: Alleine im Landkreis München fehlten 700 Busfahrer - und somit für diese auch 700 Wohnungen.

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