Süddeutsche Zeitung

München:Der Stress beginnt schon vor dem G-7-Gipfel

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Gesperrte Tunnel, Polizei-Mannschaftsbusse, Stau: Während sich die Sicherheitskräfte auf den Besuch der G-7-Staatsgäste vorbereiten, häufen sich die Unannehmlichkeiten für die Münchner. Am Samstagnachmittag werden Zehntausende zur Demo in der Innenstadt erwartet.

Von Martin Bernstein und Lea Kramer

Der Mann trägt Handwerkermontur. Er ist offenbar auf dem Heimweg. Und er ist stinksauer. Er springt aus dem Auto und baut sich vor den Polizeibeamten auf, die auf dem Grünstreifen an der Garmischer Straße stehen. Tunnelsperrung? Auf dem Mittleren Ring? Wegen G 7? "Ein Witz", ruft er, dem unschwer anzumerken ist, dass er darüber überhaupt nicht lachen kann.

Den etwa hundert Beamten, die Donnerstag- und Freitagnacht die Tunnel am Mittleren Ring in München gesperrt und abgesucht haben, ist es ebenfalls ernst. Denn im Ernstfall, wenn das Wetter in den kommenden Tagen Hubschrauberflüge verhindern sollte, werden durch diese Tunnel Staatskarossen und Polizeieskorten Richtung Garmisch rauschen. Die acht Gipfelteilnehmer und ihre Delegationen, die in München einquartierten Abordnungen der fünf Gaststaaten, die Vertreter internationaler Organisationen. Da darf nicht das geringste Sicherheitsrisiko auf der Strecke bestehen.

Nicht nur im Dunkel von Nacht und Tunnel ist das Polit-Treffen, das sich ja eigentlich am Sonntag im 100 Kilometer entfernten Landkreis Garmisch-Partenkirchen abspielen wird, in der Stadt an allen Ecken zu spüren. Im Morgengrauen reiht sich unweit der Friedenheimer Brücke ein blauer Mannschaftsbus an den nächsten. Mindestens zwanzig Wagen sind dort am Straßenrand geparkt und warten darauf, dass ihre Insassen aus Wiesbaden ins Wettersteingebirge abfahren.

Während im Westen der Stadt noch alle zu ruhen scheinen, herrscht im Osten bereits Aufbruchstimmung. Vom Parkplatz eines Hotels am Rand der Kreillerstraße setzt sich eine Gruppe durchtrainierter Mittzwanziger joggend in Bewegung. Aus mehreren Bundesländern sind Beamte und Beamtinnen angereist, um die bayerischen Polizeikräfte bei allem, was mit dem G-7-Gipfel in Zusammenhang steht, zu unterstützen. Allein in München werden am Wochenende um die 3000 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz sein.

Für die Bewohner der Stadt sind damit ziemlich viele grün-blaue Ansichten verbunden - und ein paar Unannehmlichkeiten. Einen kleinen Vorgeschmack auf die Proteste gibt es am S-Bahnhof Allach. Dort hat jemand am Freitagmorgen ein Spruchband aufgehängt: "Krauss Maffei - 87 Mio € Profit mit Krieg", steht darauf. Noch harmlos gegen den Brandanschlag zwei Tage vorher in der Oberen Au. An der Hochstraße hatten Unbekannte acht Mannschaftsbusse der Polizei in Brand gesetzt. Die Polizei habe schon ein paar Hinweise aus der Bevölkerung erhalten, wolle nun aber durch Fahndungsplakate am Brandort noch mehr Leute aus der Nachbarschaft auf die Tat aufmerksam machen, sagt eine Polizeisprecherin.

Mit dem organisierten Protest geht es am Freitagnachmittag los, von 17 Uhr an hat "Fridays for Future" zum Klimastreik am Odeonsplatz aufgerufen. Fast zeitgleich spielt die Band "Die Fantastischen Vier" ein Konzert auf dem Königsplatz. "Der Verkehrsaspekt in der Maxvorstadt steht für uns heute besonders im Fokus", sagt Polizeisprecher Andreas Franken. Am Samstag wird das anders sein. Da haben mehrere Initiativen unter dem Motto "Gerecht geht anders" zu einer Großdemonstration aufgerufen. Zwischen 12 und 16.30 Uhr wollen Zehntausende durch die Innenstadt ziehen. Die Auftaktkundgebung findet an der Theresienwiese statt. "Wir erwarten, dass es eine friedliche, eine bunte und eine schöne Demonstration wird", sagte Organisator Uwe Hiksch.

Auf Schloss Elmau treffen die letzten Gipfelteilnehmer und -teilnehmerinnen dann am Sonntag ein. In München sind mehrere kleinere Demonstrationen an Stachus, Marienplatz, Odeonsplatz oder in der Maximilianstraße angemeldet worden. Zu Wochenbeginn muss die Polizei die Abreise der Gäste koordinieren. Das heißt, dass bis Dienstag mit Verkehrseinschränkungen in und um München zu rechnen ist.

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