Süddeutsche Zeitung

Sommerferien:Nicht zum Schummeln erziehen

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Im Landkreis Freising kennen die Schulleiter kein Pardon, wenn es um Beurlaubungen kurz vor den Ferien geht. Wer etwa wegen eines günstigeren Fluges unentschuldigt fernbleibt, muss sogar mit einem Bußgeld rechnen.

Von Thilo Schröder, Freising

Kurz vor den Sommerferien kann der Urlaub gar nicht schnell genug kommen. Man sehnt sich nach Erholung, einer Auszeit vom Alltag - da kommt es doch auf einen oder zwei Tage eher bei der Abreise nicht an. Oder? Manche Eltern gehen so weit, dass sie ihre Kinder noch vor Ferienbeginn von der Schule beurlauben lassen oder dies zumindest versuchen.

Schulleiter im Landkreis Freising sehen das kritisch, manch einer hat gar pädagogische Maßnahmen dagegen entwickelt. An den Flughäfen in Memmingen und Nürnberg hatte die Polizei vor den Pfingstferien etliche Schulschwänzer ertappt. Das Thema Schwänzen vor den Ferien ging viral. Kern der Debatte: Ist ein solches Verhalten vertretbar? Und wie streng sollten die Schulleiter sein hinsichtlich Einhaltung der Schulpflicht kurz vor Ferienbeginn?

Eine Beurlaubung müsse "immer bestätigt werden", sagt Gerhard Röck. Der Leiter der Grund- und Mittelschule an der Danziger Straße in Eching nennt die Hochzeit naher Verwandter oder die verstorbene Oma als Gründe für so eine Beurlaubung. "Das kommt aber äußerst selten vor." Zwei Beurlaubungen habe es heuer bislang gegeben. Ein Bußgeld für unentschuldigtes Fehlen verhänge er, wenn Schüler nachträglich weitere freie Tage beantragen.

"Ob die mich anlügen, das merkt man schon"

Dieser Bußgeldbetrag kann erheblich sein. Pro Fehltag seien es in der Regel mindestens 100 Euro, sagt Robert Stangl vom Landratsamt Freising. Und es lohne sich nicht, die Summe etwa mit einem günstigeren Flugticket zu verrechnen. "Das wird schon beim ersten Mal aufgewogen, wenn man erwischt wird." Wiederholungstäter müssen noch tiefer in die Tasche greifen, die Höhe des Einkommens wird beim Bußgeld aber auch berücksichtigt.

Skeptisch wird Schulleiter Röck, wenn in den letzten Schultagen vor den Ferien ein Antrag gestellt wird. Ob die Schüler schwänzen, könne er aber nicht direkt prüfen. "Ob die mich anlügen, gut, die Oma stirbt nur einmal, das merkt man dann schon." Eine andere Strategie der Eltern: den Schulleiter vor vollendete Tatsachen stellen. "Es gibt so Geschichten, da kommen die mit dem Flugticket in der Hand." Da bleibe er dann aber hart. Dass die Polizei am Flughafen sich bei ihm melde, weil sie nicht beurlaubte Schüler aufgegriffen hat, habe er nie erlebt, oder vielleicht ein Mal in seiner gesamten Laufbahn. Beurlaubungen würden vom Grund abhängen, erklärt Irmintraud Wienerl. Die Direktorin des Schulamts Freising betont aber, dass "ein günstiger Flug auf jeden Fall kein solcher Grund" sei.

Es gibt Regeln und an die muss man sich halten

Zudem führe das nur dazu, dass die Fluggesellschaften ihre günstigen Angebote weiter nach vorne verschieben würden. "Keine Ausnahmen" gebe es an seiner Schule, sagt Richard Bauer. Außerdem findet der Leiter der Grund- und Mittelschule Zolling, dass Eltern ihre Kinder nicht zum Schummeln erziehen sollten. "Es gibt Regeln und an die muss man sich halten, sonst kommen gleich die nächsten 25." Um Eltern davon abzubringen, ihre Kinder vor den Ferien mit erfundenen Begründungen zu beurlauben, hat Bauer eine pädagogische Maßnahme in petto: Er zeige den Eltern bei Beurlaubungsanträgen einen Zeitungsartikel, der beschreibt, wie ein Schüler Ende vergangenen Jahres am Flughafen in Nürnberg aufgegriffen wurde, nachdem er unerlaubt den Unterricht versäumt hatte. "Wenn Sie das riskieren wollen, tun Sie es", diese Botschaft gebe er ihnen mit auf den Weg.

Dass die Polizei am Flughafen gezielt nach schulpflichtigen Kindern Ausschau hält, wie immer wieder spekuliert wird, ist so nicht richtig. Beamten dürften jünger aussehende Menschen kontrollieren und auch melden, wenn sich herausstelle, dass es sich um Schüler ohne Beurlaubungsnachweis handelt, sagt Theresa Riederer von der Pressestelle der Bundespolizei am Flughafen München. Das sei aber keine verpflichtende Maßnahme. Auch nicht jetzt vor den Ferien: "Es ist nicht so, dass wir am Freitag um 8 auf der Lauer liegen." Die Aktion der Landespolizei in Memmingen und Nürnberg im Mai sei eine Ausnahme gewesen. "Das gibt es sonst nirgends."

Derlei Maßnahmen sind vielleicht auch gar nicht nötig - zumindest nicht vor den Sommerferien. Wienerl, selbst gelernte Lehrerin, findet es wichtig, den letzten Tag vor den Ferien gemeinsam zu beschließen. "Das ist eine emotionale Angelegenheit, zum Beispiel am Ende der vierten Klasse, wenn es heißt, Abschied zu nehmen."

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SZ vom 25.07.2018
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