Süddeutsche Zeitung

Filmförderung:An den Fleischtöpfen der Branche

Lesezeit: 2 min

Die einen haben Geld, die anderen brauchen es: Beim Lunch des Film-Fernseh-Fonds Bayern geht es um vergangene und künftige Erfolge.

Von Josef Grübl

Sieht so also eine Generaldebatte aus? Während sich am letzten Januartag in Berlin Kanzler und Oppositionsführer um die Zukunft des Landes streiten, wird in München lustvoll über das kommende Film- und Medienjahr debattiert. Schauplatz ist das Restaurant "Schmock" im Volkstheater, dessen Chef Christian Stückl kurz vorbeischaut - und gleich wieder verschwindet. Zu groß ist ihm wohl der Andrang beim alljährlichen Presse-Lunch des Film-Fernseh-Fonds Bayern (FFF), zu viele Themen werden hier verhandelt: Es geht um Filme, Serien, Spiele oder Extended Reality, um Streaming und Standortpolitik, um Gleichberechtigung und Green Culture. Kurzum: Es dreht sich alles um alles, kleiner geht es in dieser Branche einfach nicht.

Der Termin für diesen Lunch kurz nach der Filmwoche München und vor der im Februar startenden Berlinale ist gut gewählt: So früh im Jahr können die einen noch über ihre vergangenen Erfolge reden und die anderen schon über ihre zukünftigen. Einige Gäste haben Geld mitgebracht, die meisten aber hoffen auf Finanzspritzen. Da sind sie hier richtig, schließlich hat der FFF Bayern im letzten Jahr 42,3 Millionen Euro an Fördergeld bewilligt. Das verkündet die FFF-Chefin Dorothee Erpenstein zwischen Vor- und Hauptspeise, da applaudieren die anwesenden Produzentinnen und Regisseure, Drehbuchautorinnen und Spieleentwickler, Schauspielerinnen und Journalisten. Zwischen all diesen Medienmenschen sitzt der Wiener Beisl-Poet Voodoo Jürgens, den man eigentlich singen hören will, der aber wohlweislich seine Gitarre vergessen hat.

Erpenstein hat aber noch mehr Erfolgsmeldungen zu verkünden, über die zuschauerstärksten Filme des Vorjahres etwa ("Die drei ???" und "Rehragout-Rendezvous"), über zurückgezahlte Fördergelder (von "Checker Tobi" oder "The Magic Flute") oder über die Wahl der Münchner Schauspielerin Katharina Stark zum "European Shooting Star" der Berlinale. Dann überlässt die Chefin das Mikro einem Mann im Trachtenjanker: "Ich bin der Neue", sagt dieser. Wobei Florian Herrmann gar nicht so neu ist, als Leiter der Staatskanzlei kennt man ihn ja schon seit ein paar Jahren. Seit ein paar Monaten ist er aber auch bayerischer Medienminister - und damit für all die Projekte der anwesenden Medienmenschen zuständig.

Insofern kommt auch der Mann ohne Gitarre nicht an ihm vorbei: Voodoo Jürgens' "Rickerl" ist eine österreichisch-bayerische Koproduktion, die unter anderem mit FFF-Geld gefördert wurde. Am Abend zuvor feierte der Film Premiere im ausverkauften City-Kino. Da war der Musiker aus Wien nicht nur auf der Leinwand sondern auch davor zu sehen. Toll sei das anschließende Kinokonzert gewesen, sagen Leute, die dabei waren. Beim FFF-Lunch finden ihn ebenfalls viele toll, obwohl er gar nicht singt. Dafür erzählt er von Beisln, die in München Boazn heißen, und von Wörtern, die man nur in bestimmten Wiener Bezirken versteht.

Nur in München gibt es die Constantin Film, zumindest deren Firmensitz. Dort übernimmt schon bald Oliver Berben den Vorstandsvorsitz von Martin Moszkowicz. Auf seinen neuen Job angesprochen, reagiert Berben eher schmallippig: "Wir sind doch heute wegen der Filme hier." Und damit über diese Filme gesprochen wird, hat Berben deren Hauptdarsteller mitgebracht. "Ich bin nicht Danger", verrät Max von der Groeben über seine Rolle im "Fack ju Göhte"-Ableger "Chantal im Märchenland". "Ich bin nicht Hagen, sondern Siegfried", klärt Jannis Niewöhner über seinen Part im Fantasy-Epos "Hagen" auf, einer Neuinterpretation des Nibelungenlieds.

Eine Generaldebatte ist das also nicht, eher eine Generalprobe. Das Filmjahr ist noch jung, in den kommenden Wochen und Monaten wird sich herausstellen, ob all die tollen Filme und Projekte wirklich so fantastisch sind, wie ihre Macher es behaupten. Aber das gehört dazu - und kleiner geht es in dieser Branche einfach nicht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6342279
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.