Süddeutsche Zeitung

Windkraft in Wäldern:Kein Windrad im Ebersberger Forst

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Statt Bayerns Staatswälder für Klimaprojekte zu opfern, sollte Ministerpräsident Söder eine exklusive Regel überdenken. 10 H gehört abgeschafft.

Kommentar von Korbinian Eisenberger

Bayerns oberster Waldbesitzer Markus Söder hat angekündigt, das Errichten von Windrädern in seinem Wald zu erleichtern. Der Wald des Ministerpräsidenten ist Staatswald, eine alles in allem nicht sonderlich kleine Fläche, zu der unter anderem 7500 Hektar des Ebersberger Forstes zählen und weitere 2000 Hektar in einem Revier bei Glonn. Ohne genau zu wissen, wie genau, wann genau und wo genau das alles passieren soll, kann aber schon jetzt ein Schluss gezogen werden: Brillant ist Söders Idee eher weniger.

Man muss Söders Idee zugute halten, dass ihr vermutlich der Hintergedanke zugrunde liegt, beim Thema Klimawandel etwas besser dazustehen. Wer sich dazu entschlossen hat, seriösen wissenschaftlichen Erkenntnissen bei diesem Thema zu vertrauen, kann das also gut finden. Möglicherweise könnte es sein, dass eine hohe dreistellige oder gar niedrige vierstellige Zahl an sehr hoch gebauten Windrädern im Schwachwindland Bayern die globale Erwärmung effektiver aufhält als die unzähligen Bäume, die für sie weichen müssten. Söders Idee umzusetzen ist also vermutlich besser, als gar nichts zu unternehmen. Aber eben nicht brillant. Weil es eine bessere und einfachere Lösung gäbe.

Woher der Wind auch pfeifen mag, wie man es alles auch dreht und wendet, steht und fällt die Zukunft der bayerischen Energiepolitik nicht mit dem Fällen von Bäumen. Sondern mit Regeln, wie jene namens "10 H". Solange sich der Freistaat exklusiv auferlegt, besonders großen Abstand zwischen Windrädern und allem anderen einhalten zu müssen, wird der Strom weiter woanders herkommen müssen. Was nicht zwingend schlecht sein muss, wenn die Sonnenkraft zunehmend auf öffentlichen und privaten Gebäuden erzeugt wird, Solarenergie also. Damit Klimaschützer den Namen Söder lobend erwähnen, müsste das klimafreundliche Aufrüsten deutlich besser gefördert werden. Auch gesetzlich.

Die 10-H-Abstands-Regel gehört abgeschafft, damit Windräder an Orten errichtet werden können, die ohnehin schon - wie man in Bayern so unschön sagt - verschandelt sind. Autobahn-Ränder etwa, Industriegebiete. Sollte das Angebot nicht ausreichen, könnte der oberste bayerische Waldbesitzer Markus Söder immer noch im staatseigenen Unterholz nachforschen. Sehr viele Kandidaten allerdings, etwa solche mit dem nahezu undurchschnittenen Charakter wie im Ebersberger Forst, könnten ohne 10 H verschont werden und ihrerseits einen Teil zur Abkühlung aller Beteiligten samt Klima beitragen.

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