Süddeutsche Zeitung

Ebersberg:Kreistag Ebersberg spricht sich gegen "Klimanotstand" aus

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Welcher Begriff beschreibt das Phänomen besser? Die Kreisräte und ein Stadtrat-Gremium entscheiden sich für "Klimaschutzregion".

Von Barbara Mooser und Korbinian Eisenberger, Ebersberg/Grafing

Am Ende machte die SPD eine Volte zurück zum Anfang: In der jüngsten Kreistagssitzung beantragten die Sozialdemokraten doch wieder, den "Klimanotstand" im Landkreis auszurufen, wie sie es ursprünglich gefordert hatten. Sie stießen damit nicht unbedingt auf große Gegenliebe, schließlich hatten sich schon zwei Ausschüsse des Kreistags zuvor darauf geeinigt, auf die Ausrufung des Notstands zu verzichten und sich statt dessen zur "Klimaschutzregion" zu erklären - auch mehrere SPD-Vertreter hatten dabei ihr Unbehagen mit dem Begriff Notstand beschrieben. Im Kreistag war das Unbehagen offenbar wieder weg, dennoch fand der neue alte Antrag der SPD letztlich keine Mehrheit, er wurde abgelehnt. Stattdessen bleibt man bei der Version, auf die man sich in den beiden vorangegangenen Ausschüssen geeinigt hatte.

Mehrere Kreisräte hatten sich zuvor recht konsterniert geäußert, etwa Martin Lechner (CSU): "Ich frage mich schon, warum wir im Umweltausschuss eine Stunde rumdiskutieren, wie wir das hinbringen, wenn danach doch wieder alles über den Haufen geworfen wird." Auch CSU/FDP-Fraktionssprecher Martin Wagner sagte, er sei "enttäuscht" über diese Wendung.

Beifall erhielt die SPD hingegen von den Grünen. Wissenschaftler hätten schließlich sehr klar gemacht, dass man auf eine Klimakatastrophe zusteuere. "Wieso stört man sich dann am Begriff?", fragte Waltraud Gruber. Doch auch wenn der Begriff "Klimanotstand" am Ende in der Entscheidung des Kreistags fehlte - inhaltlich macht das keinen Unterschied: Auch als Gremium einer Klimaschutzregion muss der Kreistag künftig bei allen Entscheidungen die Auswirkungen aufs Klima prüfen und sich möglichst für die klimafreundlichste Alternative entscheiden.

Grafing entschließt sich anders als Poing und Zorneding

Auch auf kommunaler Ebene wurden im Landkreis Ebersberg erste Beschlüsse zur Einschätzung der lokalen Situation gefasst. Während die Gemeinderäte in Poing und Zorneding jeweils den "Klimanotstand" in ihren Orten ausriefen, folgte Grafing diese Woche dem Beschluss des Ebersberger Kreistags. Der Grafinger Stadtrat entschied sich in seiner letzten Sitzung vor den Sommerferien für die Bezeichnung "Klimaschutzregion" und stellte ein Programm von 32 Punkten vor.

Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) gab vor Debatte und Abstimmung eine Erklärung ab. Das Wort Notstand sei aus ihrer Sicht "einfach aus mehreren Gründen zu belastet", so Obermayr. Sie befürchte, dass die Wortwahl eher abschreckend wirken könne, die Menschen mitzunehmen sei aber sehr wichtig. Ausdrücklich lobte sie die Fridays-for-Future-Bewegung in Grafing: "Wenn uns junge Menschen vehement auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes stoßen, ist das richtig und justiert unsere Ausrichtung neu."

Kritik kam von der Fraktion "Bündnis für Grafing". Die drei Mitglieder plädierten jeweils für die Bezeichnung "Klimanotstand". Fraktionssprecher Karl-Heinz Fröhlich sprach von einer verpassten Chance und nannte Beispiele von Weltmetropolen wie New York, Vancouver oder Sydney, wo man den Begriff so verwendet. Neben der anderen Bezeichnung forderte Fröhlich "Sofortmaßnahmen, die die sozialen und gesellschaftlichen Grundfesten der Menschen verändern".

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SZ vom 02.08.2019
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