Süddeutsche Zeitung

Nord Stream 2:Die Röhre muss weg

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Die Gaspipeline belastet die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Immer und immer wieder. Das Projekt gehört schnell gestoppt, denn der Preis dafür steigt.

Von Hubert Wetzel

Wollte man einen Spielfilm über Nord Stream 2 drehen, jene Pipeline, die russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren soll, stünde zumindest das Genre fest: Horror, Unterabteilung Zombies. Denn genauso verhält es sich mit dieser elenden Stahlröhre: Wie eine Untote geistert sie seit Jahren durch die deutsch-amerikanischen Beziehungen, verbreitet Schrecken, wird mit Mühe eingefangen, nur um wieder auszubrechen und die nächste Regierung in Washington oder Berlin hohläugig anzustarren.

Derzeit ist es wieder so weit. Im US-Senat wollen die Republikaner zum x-ten Mal Sanktionen gegen die an der Pipeline beteiligten Firmen erzwingen. Und zum x-ten Mal laufen deutsche Diplomaten aufgeregt in der amerikanischen Hauptstadt herum, um das abzubiegen. Das Weiße Haus, das von der Pipeline nichts hält, sich aber den außenpolitischen Spielraum vom Kongress nicht beschneiden lassen will, bemüht sich, den Streit zu entschärfen. Für alle Beteiligten ist das, wie man in Amerika sagt, nicht ihr erstes Rodeo. In der Vergangenheit konnte immer eine Lösung gefunden werden, die verhinderte, dass die USA Strafmaßnahmen gegen einen ihrer engsten Verbündeten beschließen. Vielleicht klappt das dieses Mal auch. Aber das macht die Sache ja nicht besser.

Denn das Grundproblem der Pipeline bleibt: Von Russland wird Nord Stream 2 als Instrument gesehen, um den politischen Einfluss in Europa zu vergrößern, die renitenten Osteuropäer zu bestrafen und einen Keil zwischen Deutschland und die USA zu treiben. Die alte Bundesregierung mag diese Ziele nicht geteilt haben, aber sie hat Moskaus Spiel mitgespielt. Die neue Bundesregierung hätte die Gelegenheit, damit Schluss zu machen. Dazu müsste sie verhindern, dass die Pipeline in Betrieb geht. Das ist keine angenehme Entscheidung. Aber wenn Berlin sie nicht freiwillig trifft, wird sie irgendwann von Washington erzwungen - zu einem höheren Preis für Deutschland.

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