Süddeutsche Zeitung

Haben und Sein:Ostern und andere Vorfreuden

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Paul Smith streift Picasso ein, klassische Hasen & Vasen kommen aus Berlin und neue Sonnenbrillen von Oliver Peoples.

Von Anne Goebel, Tanja Rest, Julia Rothhaas, Max Scharnigg und Silke Wichert

Jahrelanger Vorlauf für diese Ausstellung, der Gastkurator durfte aus den internationalen Sammlungen im Prinzip bestellen, was er wollte. Und dann landeten irgendwann die ersten Kisten aus Übersee in Paris. "Ich hab auf eine gedeutet und gefragt: Was ist da drin? Und die Antwort lautete: ,100 Millionen Dollar.' Ist das nicht verrückt?!" Diebische Freude breitet sich auf dem Gesicht von Paul Smith aus, als er das erzählt. Gar keine Frage: "Ich hatte wirklich großen Spaß."

"Spaß" ist exakt das Stichwort. Denn wozu bräuchte die Welt noch eine Ausstellung zu einem der am besten bekannten und meistinterpretierten Künstler aller Zeiten? Inzwischen ist "Picasso Celebration - The Collection in a new Light" im Pariser Picasso-Museum eröffnet, und die Antwort liegt auf der Hand: So ausgelassen bunt und bester Dinge hat man Pablo Picasso wahrscheinlich niemals zuvor gesehen. Und das hat mit der Biografie sowie auch mit dem Naturell des Kurators durchaus zu tun.

Paul Smith, der eine Karriere als Rennradfahrer plante, bis ihm ein Unfall einen Strich durch die Rechnung machte und er stattdessen zu einem der erfolgreichsten britischen Modedesigner wurde, fängt gleich mal mit dem Thema Fahrrad an: Picassos Stierkopf, gebildet aus einem alten Rennradsattel und einem Lenker, stellt er ein eigenes Arrangement neuer Lenker und Sättel gegenüber. Er plakatiert einen ganzen Raum mit alten Modeseiten der Vogue, die Picasso mit Schnurrbärten, behüteten Männern und kleinen Teufelchen verziert hat. Er zeigt die aus Tonscherben zusammengefügte Ziege, die ebenso tönernen Eulen mit ihren herrlich mürrischen Gesichtern. Und natürlich schwelgt er in Mustern. Sein eigenes Markenzeichen sind bekanntlich bunte Streifen, auch bei Picasso sind sie reichlich vorhanden, und nicht nur auf den Bildern. Denn da war ja auch die Marinière, das gestreifte Shirt der bretonischen Fischer, das der Maler mit Begeisterung trug. Eine ganze Sammlung dieser Hemden hängt nun im Museum an der Decke.

Etwa 30 Schlüsselwerke haben ihren Weg in die Ausstellung gefunden, darunter auch das berühmte Gemälde von 1924, auf dem Picassos Sohn als Pierrot posiert. "Und jetzt raten Sie mal, wie dieser Sohn hieß?" Tja, keine Ahnung! "Paulo", sagt Paul Smith. Und lacht.

Noch bis zum 27. August im Musée national Picasso-Paris, 5 rue de Thorigny.

Die Pralinenmanufaktur Sawade ist zwar die älteste Confiserie Berlins, schafft es aber trotzdem, ziemlich nah am Zeitgeist zu bleiben: Ihre modern-elegant gestalteten Schachteln machen die kleinen und großen Pralinensortimente jedenfalls zu gefragten Geschenken und werden auch dann noch verwendet, wenn der Inhalt längst den Weg alles Köstlichen gegangen ist. Für Frühling und Ostern blühen bei Sawade nun in diesem Sinne auch frische Designs - die neue Pralinenschachtel ist eine wunderbare Hommage an die Ginsterblüte, und für Ostern bieten die Schokoladenprofis aus Charlottenburg zusätzlich eine ganze Reihe kleiner Kunstwerke an. Einen sehr realistischen Dürerhasen aus Marzipan etwa, bestäubt mit Kakaopulver, und eine opulente Auswahl an kleinen und großen Schokoladeeiern exquisiter Füllart. Die können übrigens nicht nur in Berlin versteckt werden - via Webshop verschickt die Manufaktur Süßes in die ganze Welt.

Eigentlich gehen nur Anfänger von April an ohne Sonnenbrille vor die Tür. Schließlich weiß man heutzutage nie, ob die Sonne sich nicht doch mal blicken lässt. Dummerweise steckt die Brille immer genau in der Jacke oder Handtasche, die man an diesem Tag nicht dabeihat. Deshalb geht der Trend schon länger zur Dritt- oder Viertbrille, um möglichst breit aufgestellt und abgedunkelt zu sein. Dann fällt auch die Entscheidung für das eine Modell nicht so schwer. Wer noch Aufstockungsbedarf hat: Gerade ist die Kollektion Oliver Peoples x Khaite in die Läden gekommen. Nichts für zarte Gemüter, weder vom Design noch vom Preis her (ab 375 Euro). Dafür ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass man genau dieses Exemplar nicht irgendwo stecken oder liegen lässt, sondern immer tragen will. Khaite, das Label der New Yorker Designerin Catherine Holstein, ist nämlich für seinen extragroßen Suchtfaktor bekannt. Die Entwürfe sind fast immer monochrom, sehr geradlinig, verfügen aber über einen unerklärlichen Coolness-Faktor. Dafür wurde Holstein vor ein paar Monaten mit dem CFDA-Award als beste Womenswear-Designerin ausgezeichnet. Die in Italien handgefertigte Sonnenbrillen-Kollektion besteht aus drei Modellen, alles ausdrucksstarke Silhouetten im Vintage-Look, die jeweils in fünf Farbtönen erhältlich sind ( oliverpeoples.com).

Das Wort "Passion" fällt in Zusammenhang mit immer neuen Designobjekten gern, in diesem Fall aber trifft es gleich im doppelten Sinne zu. Zum einen gäbe es die Vase "Halle" nicht, ohne die Leidenschaft seiner Gestalterin Marguerite Friedlaender. Geboren 1896, begann sie ihre Karriere als Keramikerin in den Werkstätten des Bauhauses, arbeitete dann an der Burg Giebichenstein in Halle, bevor sie als Jüdin Deutschland unter den Nazis verlassen musste, und erst nach Holland, dann nach Kalifornien emigrierte. Für die Verbreitung der Bauhauslehre in den USA war sie daraufhin mitverantwortlich, heute gilt Friedlaender als eine der wichtigsten Keramikerinnen des 20. Jahrhunderts, dabei spielte ihr Talent über viele Jahre keine Rolle mehr: Nachdem sie die Halle-Vase 1931 entworfen hatte, wurde sie aus den Unterlagen gestrichen und ihr Design als namenlos gekennzeichnet - bis die KPM Berlin sie viele Jahre später rehabilitierte. Nun, über 90 Jahre später, hat eine weitere Künstlerin ihre Vase weiterentwickelt und die Leidenschaft Friedlaenders neu interpretiert: Die Berlinerin Rona Kobel taucht diesen Bauhaus-Klassiker in Pastelltöne, setzt weiße Schleifen darauf und versieht sie mit dem Wort "Freedom" in schnörkeliger Schrift. Eine Hommage an Friedlaender ist auch darauf zu finden: Auf den Böden beziehungsweise auf dem Hals der Vase steht der Name der ursprünglichen Designerin - als durchgestrichene Signatur (von Ende April an, kpm-berlin.com).

"Ethical swimwear" klingt nach einer sehr vernünftigen Sache: Gerade beim Schwimmen wäre es widersinnig, das Element Wasser einerseits zu genießen, andererseits mit haufenweise Kunstfasern in Bikini oder Badehose das Plastikmüllproblem in den Gewässern weiter zu verschlimmern. Die Frage ist nur: Sehen ökologisch verträgliche Sachen auch gut aus? Genau darum bemüht sich die Firma My Marini Hamburg seit mittlerweile zehn Jahren: Bademode herzustellen, die ressourcenschonend in Europa produziert wird und zusätzlich eine gute Figur macht im Schwimmbecken oder im Osterurlaub am Badestrand. Die Gründerin Mareen Albright hatte 2012 während einer mehrmonatigen Surf-Reise festgestellt, wie schwer nachhaltig gefertigte und klassisch geschnittene Ein- oder Zweiteiler zu bekommen sind, die auch nach ein paar Saisons im Salzwasser noch gut aussehen. Sie gründete ihr eigenes Label, das in einem jährlichen "Sustainability Report" Auskunft gibt über Produktionsmethoden und die Herkunft der verwendeten Textilien. Mittlerweile beschäftigt die Hamburgerin knapp 30 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Zum Jubiläums-Sortiment gehört auch die Kollektion Palm Club mit hübschem Pflanzenmuster - wer mag, liest es als Sinnbild für Erdverbundenheit.

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