Süddeutsche Zeitung

Schule:Saudische Schule in Bonn wird geschlossen

Lesezeit: 2 min

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

Am Freitagnachmittag ging im Bonner Rathaus ein Brief des Saudischen Botschafters ein, in dem der Gesandte ankündigte, dass die König-Fahd-Akademie in Bonn zum Ende des gerade begonnenen Schuljahres ihre Pforten schließen wird. Wenn Firmen oder Institutionen eine Filiale schließen, wenn Arbeitsplätze verloren gehen, dann versucht die Politik meistens, eine solche Entscheidung rückgängig zu machen, bietet Unterstützung an. In Bonn ist man hingegen ganz froh über die Entscheidung, jahrelang hatte es Ärger um die saudische Schule gegeben.

Sie wurde 1995 eröffnet, auf einem Gelände, das die Stadt Bonn dem saudischen Staat in Erbpacht überlassen hatte, auch eine Moschee ist Teil des Komplexes. Immer wieder drohte der Schule die Schließung, zu Beginn des Jahrtausends tummelten sich dort Schüler, die mit al-Qaida sympathisierten, und Lehrer, die zum Dschihad aufriefen.

Das Regierungspräsidium warf der vom saudischen Königreich finanzierten Schule 2003 vor, "fundamentalistischen Islamismus" zu propagieren. Die Saudis gelobten Besserung, ein paar Jahre später wurden dann in den Lehrbüchern Inhalte gefunden, die andere Religionen abwerteten. Ein anderes Mal stellten die Aufsichtsbehörden fest, dass an der König-Fahd-Akademie Schüler unterrichtet wurden, für die es gar keine Genehmigung gab. Die Schule hat eine Zulassung als Ergänzungsschule für Kinder, die sich vorrübergehend in Bonn aufhalten. Was nicht immer bei allen Schülern der Fall war.

Zurzeit besuchen 140 Kinder aus verschiedenen arabischsprachigen Ländern den Unterricht nach saudischem Lehrplan, die meisten sind Angehörige von Medizintouristen, die in Bonner Krankenhäusern behandelt werden, 30 Lehrer arbeiten an der Akademie. Ausgerichtet ist die Schule eigentlich auf 600 Kinder. Unterrichtet werden die Klassen eins bis zwölf, Unterrichtssprache ist Arabisch; Deutsch und Englisch sind obligatorische Fremdsprachen. In den vergangenen Jahren öffnete sich die Schule, veranstaltete Nachbarschaftstage und Kulturtage, die Schließung kommt nun überraschend.

In Berlin stoppt Riad den Weiterbau einer Einrichtung für 400 Schüler

Der saudische Botschafter verweist in seinem Brief auf die "Vision 2030", den Reformprozess in Saudi-Arabien, mit dem sich das Land unabhängiger vom Öl machen will. Bildung soll ein Schlüssel zum vorsichtigen Umbau der Gesellschaft sein, das Bildungssystem sei in Deutschland aber so gut, gehöre weltweit "mit zu den Besten", so der Botschafter, dass es keine eigenen saudischen Schulen mehr brauche. Die Entscheidung soll Vizekronprinz Mohammed bin Salman persönlich getroffen haben. Auch die geplante König-Fahd-Akademie in Berlin wird aufgegeben, in der 400 Schüler unterrichtet werden sollten. Dort steht derzeit ein Rohbau.

Über die weitere Nutzung der beiden Liegenschaften sollen demnächst Gespräche zwischen den Städten und der saudischen Botschaft geführt werden, die in Berlin und Bonn Eigentümer ist. Das Gebäude der saudischen Botschaft in Bonn stand nach dem Regierungsumzug viele Jahre leer, für das Schulgebäude soll nun schneller eine neue Nutzung gefunden werden. In der Lokalpolitik wurde bereits vorgeschlagen, die König-Fahd-Akademie zu einem Dialogzentrum der Religionen umzubauen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3140290
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 30.08.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.