Süddeutsche Zeitung

Unionsinterner Machtkampf:Nürnberger CSU-Politiker fordert Söders Rückzug

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Ein potenzieller Bundeskanzler müsse auch ein "menschliches Vorbild" sein, sagt der frühere CSU-Abgeordnete Hermann Imhof. Er warnt seine Partei vor einer falsch verstandenen Loyalität mit ihrem Vorsitzenden.

Von Roman Deininger, Nürnberg

Der frühere CSU-Landtagsabgeordnete Hermann Imhof fordert seinen Parteivorsitzenden Markus Söder auf, seine Bewerbung um die Kanzlerkandidatur der Union zurückzuziehen. "Ich wünsche Herrn Söder sehr, dass er die Einsicht gewinnt, seine drängenden Ambitionen zurückstellen - in Verantwortung für die ganze Union und in Rücksicht auf die persönliche Situation von Armin Laschet", sagte Imhof der SZ. "Das wäre ein echtes Zeichen von Demut und menschlicher Größe."

Imhof, 68, der wie Söder aus Nürnberg kommt, saß von 2003 bis 2018 im Landtag, und erwarb sich überparteiliche Anerkennung als Sozial- und Gesundheitspolitiker. Von 2013 bis 2018 war er Patienten- und Pflegebeauftragter der Staatsregierung. "Die Rücksichtslosigkeit des Machtstrebens hat schon jetzt viele Wunden gerissen", sagte Imhof. "Es geht nun darum, noch größeren Schaden zu verhindern."

Natürlich brauche ein Kanzlerkandidat "Ehrgeiz und Machtwillen", um die Union zum Erfolg zu führen, sagte Imhof, "aber er braucht auch die Fähigkeit zur Integration und die Kraft zur Versöhnung, beruhend auf Lebensreife und innerer Balance". Ein potenzieller Bundeskanzler müsse "menschliches Vorbild" sein, "auch in Kultur und Stil". Zur Führung einer Bundesregierung benötige man einen "integrativen Führungsstil sowie die Bereitschaft, andere leuchten zu lassen". Diese Eigenschaften habe Söder bislang nicht nachweisen können: "Und das Kanzleramt ist eine ganz andere Hausnummer als die bayerische Staatskanzlei. Die Komplexität ist weit höher."

Söders "eigenmächtige Art, Politik zu machen", sagte Imhof, passe womöglich in die Corona-Krise: "Aber schon bald ist wieder etwas anderes gefragt." Er gehe davon aus, dass viele andere CSU-Mitglieder seine Vorbehalte gegenüber Söder teilen: "Es gibt die wirklich Begeisterten, aber es gibt auch eine falsch verstandene Loyalität mit dem Parteivorsitzenden. Ich spüre, dass viele ein tiefes Unbehagen haben."

Der CSU, sagte Imhof, würde ein "höheres Maß an kritischer Loyalität" guttun. "Die Verantwortung jedes einzelnen erfordert es, seine Meinung zu äußern, auch wenn sie in der Parteispitze nicht gern gehört wird." Bislang war aus der CSU nur Unterstützung für Söder zu vernehmen.

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SZ vom 19.04.2021 / rde
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