Süddeutsche Zeitung

Bevölkerungszahlen:Warum die Geburtenrate in Regensburg so niedrig ist

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Im oberpfälzischen Vergleich kriegen Frauen dort eher wenige Kinder. Das hat mit den vielen Studentinnen zu tun, klar. Aber auch sonst ist die Hauptstadt der Oberpfalz eine Insel.

Glosse von Deniz Aykanat, Regensburg

Wäre die Stadt Regensburg ein Mensch, dann wäre sie vermutlich ein Einzelgänger, der dummerweise in eine Großfamilie geboren wurde. So ungefähr könnte man das Verhältnis zwischen Regensburg und dem sie umgebenden Regierungsbezirk Oberpfalz beschreiben. Wobei das Wort "umgeben" schon mal falsch gewählt ist. Regensburg liegt ja grade so noch in der Oberpfalz, am südlichen Rand, wenige Kilometer von der niederbayerischen und oberbayerischen Grenze entfernt. Geographisch hätte sich vermutlich eher Amberg als Mittelpunkt des Regierungsbezirks angeboten. Die Regierung in Regensburg gibt es immerhin auf ihrer Homepage halb zu, dass Amberg die heimliche Hauptstadt der Oberpfalz ist.

Was die Sprache angeht, braucht man sowieso nicht zu diskutieren. Oberpfälzische Klänge sucht man in Regensburg meist vergeblich. Die Stadt an der Donau ist eine Sprachinsel, das wurde bereits ausgiebig erforscht. Wenn man überhaupt noch Dialekt-Fetzen beim Spazieren durch die Altstadtgassen hört, dann erinnern die eher an den Dialekt in Ober- und Niederbayern.

Bald könnte diese Insel (der Glückseligen?) allerdings in den oberpfälzischen Fluten untergehen, denn es stellt sich nun heraus, dass Regensburg auch noch eine Fortpflanzungsinsel ist. Also eigentlich keine. Das Landesamt für Statistik hat jüngst frische Zahlen zur Geburtenrate in Bayern veröffentlicht. Ein Kind und ein bisschen mehr als ein halbes bekommen Frauen in Bayern durchschnittlich. Damit nähert sich der Freistaat an den Spitzenwert von 1972 an, da waren es noch ein Kind und ein fast Dreiviertel-Kind.

Ein oberpfälzischer Landkreis stellt die Gebärfreudigkeit der Siebzigerjahre nun weit in den Schatten: In Neustadt an der Waldnaab bekommen die Frauen zwei ganze Kinder! Ohne Kommastellen. Generell ist der Anstieg der Geburten in der Oberpfalz der höchste aller bayerischen Regierungsbezirke. Die Hauptstadt hat daran allerdings keinen großen Anteil. Die Regensburgerinnen bekommen durchschnittlich nur ein Kind und nicht mal ein gevierteltes.

Zur Ehrenrettung Regensburgs muss man sagen, dass es in anderen Uni-Städten Bayerns ähnlich ausschaut und dass die Statistik die Domstadt einfach blöd dastehen lässt. Hier gibt es eben auch mehr Frauen im gebärfähigen Alter als in Neunburg vorm Wald oder Rötz. Und die wollen eben erst mal studieren und arbeiten - fernab der buckligen Verwandtschaft.

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