Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl in Bayern:Eine Koalition ohne CSU? Blasphemie!

Lesezeit: 2 min

So stellt die CSU allein den Gedanken an eine Regierung aus Grün-Rot-Orange-Gelb dar. Allerdings ist diese Koalition ungefähr so wahrscheinlich wie eine absolute Mehrheit für die CSU nach der Wahl.

Kommentar von Sebastian Beck

Am Dienstag hat Ministerpräsident Markus Söder das bayerische Weltraumprogramm "Bavaria One" präsentiert, mit dem der Freistaat in den nächsten Jahren die "Nummer eins" in Europa werden möchte. Wahrscheinlich geht die erste bemannte Mission der CSU aber schon viel früher an den Start. Sollten sich die desolaten Umfragen verfestigen, dann wird gleich nach der Landtagswahl die CSU-Spitze auf den Mond geschossen.

Als erstes Besatzungsmitglied von "Bavaria One" steht jetzt schon Parteichef Horst Seehofer fest. Denn er ist als Bundesinnenminister maßgeblich verantwortlich für das schlechte Bild, das die große Koalition in Berlin abgibt. "Interner Streit schadet immer - egal, von wem er kommt", hat Ministerpräsident Markus Söder am Freitag der Bild gesagt. Nach der Wahl wird er sicherlich noch deutlicher werden, alleine schon deshalb, weil er selbst an der CSU-Mondmission nicht teilnehmen möchte und daher die Verantwortung für das Ergebnis vorsorglich weit von sich weist.

Damit wird er kaum durchkommen: Denn Söder ist zwar in der eigenen Partei beliebt, die Bayern spaltet er aber mit Auftritten wie am Dienstag. Sein Konterfei im Bavaria-One-Logo sollte wahrscheinlich als ironische Geste der JU gemeint gewesen sein. Man kann es aber auch bloß für peinlich und selbstverliebt halten, zumal er es auch noch über Twitter verbreitete. Bei Söder weiß man eben nie so recht, ob er nun Ministerpräsident ist oder nur Ministerpräsidentendarsteller. Oder anders ausgedrückt: Je näher die CSU an die 30-Prozent-Marke rückt, desto wahrscheinlicher ist, dass er bei der Mondmission den Platz neben Seehofer einnehmen darf. Sich selbst hält Söder zwar seit seiner Zeit als JU-Chef für unverzichtbar, doch der Meinung war einst auch Edmund Stoiber, bevor er weggeputscht wurde.

Theoretisch wäre in Bayern sogar eine Mehrheit gegen die CSU denkbar, was die Partei als eine besonders widerliche Form der Blasphemie hinstellt. Dass aber Grün-Rot-Orange-Gelb eine Regierung bilden, ist ungefähr so wahrscheinlich wie eine neuerliche absolute Mehrheit für die CSU. Wenn die CSU großes Glück hat, dann reicht es für eine Koalition mit den Freien Wählern.

Wenn sie aus ihrer Sicht kein Glück hat, dann reicht es nur für eine Dreier-Koalition mit Freien Wählern oder der FDP. Oder halt für Schwarz-Grün: In diesem Fall würden Seehofer und Söder den weiteren Lauf der Dinge wahrscheinlich vom Mond aus verfolgen, zusammen mit weiteren Kolonisten der CSU. Unten auf der Erde müssten sich Ilse Aigner oder Manfred Weber oder sonst wer abmühen. Auch wenn gerade vieles unklar erscheint, so viel steht fest: Eine Woche vor der Wahl ist Bavaria One startklar.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4157660
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.