Süddeutsche Zeitung

Entwicklungshilfe:Von bayerischem Bauer zu afrikanischem Bauer

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Der Bundesverband der Maschinenringe exportiert sich selbst von Neuburg an der Donau nach Senegal - um den Landwirten dort zu helfen.

Von Maximilian Gerl, Neuburg an der Donau

Ein Montagmorgen veranlasst vergleichsweise selten zu strahlenden Gesichtern. Doch für Erwin Ballis, Geschäftsführer des Bundesverbands der Maschinenringe, ist dieser Montag ein Freudentag, "weil wir zeigen können, was daraus geworden ist". Denn seit 2019 betreibt Ballis Verband, von der Öffentlichkeit wenig bemerkt, Entwicklungshilfe der etwas anderen Art: indem er sich selbst von Neuburg an der Donau in den Senegal exportiert. Dort haben sich mehr als 3000 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu Maschinenringen zusammengeschlossen, um sich und andere besser mit Nahrungsmitteln zu versorgen. "Echte Hilfe zur Selbsthilfe", sagt Ballis. Und: "In fünf Jahren wollen wir so die Lebens- und Arbeitsbedingungen von einer Million Menschen verbessern."

Ob das klappt? Zumindest bisher scheint sich gut zu ergänzen, was auf den ersten Blick kaum zusammenpasst: kleinbäuerliche Strukturen auf der einen Seite, technisierte Industriemaßstäbe auf der anderen. Viele Menschen im ländlichen Senegal arbeiten als Bauern, in erster Linie zur Selbstversorgung. Maschinen sind teuer, also bleibt oft nur mühsame Handarbeit mit der Hacke. "Zwischen ein und zwei Hektar" könne eine Familie bewirtschaften, schätzt Bernhard Empl. Der Dorfener hat früher den Erdinger Maschinenring geführt, jetzt reist er in Senegal von Dorf zu Dorf, um die Menschen von der Idee zu überzeugen - angesichts der Ausgangslage "keine große Kunst", sagt Empl.

Vereinfacht erhält jeder neue Maschinenring eine Anschubfinanzierung von 15 000 Euro. Genug, um bei lokalen Herstellern Hilfsmittel zu kaufen: Traktoren, aber auch Getreidemühlen oder mobile Dreschapparate. "Wenn noch per Hand Mehl gestampft wird, helfen schon einfache Maschinen", sagt Ballis. Dank ihnen können die Menschen effizienter und mehr anbauen, die Erträge und Umsätze steigen. Die Gewinne fließen dann in die Rückzahlung der Finanzierung und in weitere Maschinen. Daneben gibt es Schulungen, etwa zu Anbauverfahren oder Betriebsführung. "Inzwischen haben wir 400 Geräte gekauft und 21 Maschinenringe gegründet", berichtet Projektleiter Jean-Bosco Mbom. Letztere verteilen sich auf die drei Regionen Thiès, Kolda und Ziguinchor. Die politische Lage sei stabil, sagt Mbom, die Arbeit werde nicht schwer gemacht. Das gilt freilich nicht für alle Regionen Senegals; das Auswärtige Amt rät aufgrund der latenten Bedrohung durch islamistischen Terrorismus etwa von Reisen ins Grenzgebiet zu Mali ab.

Als Projektpartner ist unter anderem das Bundesentwicklungsministerium dabei. Noch bis Ende des Jahres soll die Zahl der lokalen Maschinenringe auf 31 steigen, auch Verbünde in Kenia sind geplant. Außerdem sollen mehr Dienstleistungen entlang der lokalen Wertschöpfungskette entstehen. So könnten Erdnüsse nicht nur wie bisher geerntet, sondern auch in den Dörfern verarbeitet werden. Zusätzlichen Input nehmen die senegalesischen Maschinenring-Chefs nun von einer neuntägigen Bayern-Tour mit, die sie in die Staatskanzlei und auf Bauernhöfe führte. "Wir haben viele Ideen gesammelt", sagt Pierre Alfred Ndione. "Wir hoffen, dass wir auch eines Tages auf diesem Niveau ankommen werden."

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