Süddeutsche Zeitung

CSU-Bezirkswahl in Oberbayern:Aigner mit 96 Prozent der Stimmen wiedergewählt

Lesezeit: 3 min

Von Daniela Kuhr, Miesbach

Um 13 Uhr ist der entscheidende Moment gekommen. Auch wenn sich Ilse Aigner in den vergangenen Tagen bemüht hat, so zu tun, als messe sie ihm keine allzu große Bedeutung bei, ist ihr natürlich völlig bewusst: Jeder, absolut jeder in der CSU, ist äußerst gespannt darauf, mit welchem Ergebnis sie an diesem Samstag auf dem Bezirksparteitag als Chefin der Oberbayern-CSU wiedergewählt wird.

Schließlich gilt die Wirtschaftsministerin neben dem aus Franken kommenden Finanzminister Markus Söder die aussichtsreichste Kandidatin für die Nachfolge des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Horst Seehofer. Aus dem Ergebnis werden also alle ablesen: Hat sie den nötigen Rückhalt in der Partei? Hat sie ihre Leute in den vergangenen zwei Jahren überzeugt? Denn nur, wenn ihr das gelungen ist, besteht auch die Hoffnung, dass sie bei den Wählern Stimmen holen kann.

Alles über 90 Prozent wäre ein Bombenergebnis

Aigner hat in den vergangenen Wochen wiederholt gesagt: Alles über 90 Prozent wäre eine Bombenergebnis. Insofern wird sie erleichtert gewesen sein, als der Wahlleiter um 13 Uhr verkündet: "Ilse Aigner ist mit 96,3 Prozent der Stimmen wiedergewählt." Bei der letzten Wahl vor zwei Jahren waren es zwar 99,7 Prozent gewesen. Aber niemand hatte ernsthaft erwartet, dass sie noch einmal dermaßen gut abschneiden würde.

Und zwar nicht nur, weil so ein Ergebnis eigentlich gar nicht zu toppen ist und zudem damals auch Bundes- und Landtagswahl unmittelbar bevorstanden. Sondern vor allem, weil es kein Geheimnis ist, dass es auch und gerade bei den Oberbayern eine gewisse Unzufriedenheit mit Aigner gibt. Man wirft ihr vor, dem ständig wirbelnden Söder zu viel Raum zu lassen, ihm nichts entgegen zu setzen.

Aigner will künftig auch mehr "wirbeln"

Während Söder sich in Gondeln, vor Schafen oder mit Google-Brille ablichten lässt, neigt Aigner dazu, sich auf die Sacharbeit zu konzentrieren - und sich zu wundern, warum das nicht so wahrgenommen wird wie die Inszenierungen ihres Kabinettskollegen. Doch mittlerweile hat sie erkannt, dass sei da in der Vergangenheit etwas falsch gemacht hat - und beschlossen, künftig auch ein wenig mehr "zu wirbeln".

Auf dem Bezirksparteitag allerdings ist davon noch nichts zu spüren. In ihrer Rede spricht Aigner zwar viele wichtige Themen an, wie Flüchtlinge, Energiewende, innere Sicherheit oder Mindestlohn. Doch mit keinem davon gelingt es ihr, das Geplapper im Saal verstummen zu lassen. Es ist unverkennbar: Kaum einer hört ihr zu. Lauten anhaltenden Applaus bekommt Aigner nur an zwei Stellen: Einmal, als sie dem scheidenden CSU-Parteivize Peter Ramsauer für seine tolle Arbeit dankt - und das zweite Mal bei ihrem Schlusssatz: als sie sagt, man solle vielleicht nicht abwarten, bis derjenige den Elfmeter schießen müsse, der am besten treffe - ein Spruch, den ihr Rivale Söder gern bringt, wenn es darum geht, die eigene Kandidatur zu unterstützen.

Aigner dagegen meint am Samstag, stattdessen sollte schon vorher , also "in der regulären Spielzeit", denjenigen unterstützen, der mit seinem Team dafür sorge, "dass es gar nicht erst zum Elfmeterschießen kommt.". Ein wenig verschwurbelt vielleicht, aber immerhin: Diese Botschaft kam an. Aigner, die Teamplayerin, ist zwar vielleicht keine große Rednerin - aber die Sympathien ihrer Leute sind ihr sicher. Für eine erfolgreiche Wiederwahl zur Bezirksvorsitzenden reicht das allemal.

Bei Seehofers Rede ist der Saal still

Dass dieser Saal auch still sein kann, zeigt sich erst ein paar Minuten später, als Parteichef Horst Seehofer zu reden beginnt. Anders als Aigner hakt er keine Themen ab, sondern transportiert klare Botschaften. Vor allem die: Wer ihn dafür kritisiert, dass er kürzlich in einem Interview vom "massenhaften Asylmissbrauch" gesprochen habe, der blendet offenbar die Realität aus.

"Fast 50 Prozent aller, die zu uns kommen und Asyl beantragen, kommen vom Westbalkan." Ihre Anerkennungsquote liege zwischen 0,1 und 0,4 Prozent. "Sie kommen nicht, weil sie um ihr Leben oder ihre Gesundheit bangen", sondern aus wirtschaftlichen Gründen. "Unsere Bürgermeister und Landräte kämpfen jeden Tag mit diesem Problem." Syrische Flüchtlinge würden von der Bevölkerung offen empfangen. Aber "diese Solidarität werden wir nur aufrecht erhalten, wenn wir den Missbrauch des Asylrechts bekämpfen". Und schließlich warnt Seehofer seine Kritiker: "Ignoranz ist der beste Nährboden für Rechtsradikalismus."

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