Süddeutsche Zeitung

Bayerisches Rotes Kreuz:Angelika Schorer in Kampfabstimmung zur BRK-Präsidentin gewählt

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Die 63-jährige CSU-Landtagsabgeordnete setzt sich bei der Landesversammlung äußerst knapp gegen Holger Krems durch. Der bisherige Amtsinhaber Theo Zellner war nicht mehr zur Wahl angetreten.

Von Johann Osel, München

Das Bayerische Rote Kreuz hat eine neue Präsidentin: die CSU-Landtagsabgeordnete Angelika Schorer. Die 63-Jährige wurde bei der Landesversammlung des BRK am Wochenende gewählt - in einer noch nie dagewesenen Kampfabstimmung. Schorer erhielt etwa 52 Prozent der Delegiertenstimmen, das Auszählungsergebnis lag am späten Sonntagabend vor. Sie setzte sich damit gegen Holger Krems durch, einen Zahnarzt und langjährigen Ehrenamtler aus Augsburg. "Ich sehe es als meinen Auftrag, auch diejenigen, deren Stimme ich nicht gewinnen konnte, zu überzeugen", sagte Schorer über das knappe Resultat. "Mein Ziel ist es, den Verband zusammenzuführen." Der bisherige Amtsinhaber Theo Zellner, 72, war nicht mehr angetreten. Die BRK-Spitze ist ehrenamtlich.

In den vergangenen Monaten hatte sich das Duell um den Vorsitz des Verbands ergeben, der mit mehr als 26 000 hauptamtlich Beschäftigten, 180 000 Ehrenamtlichen etwa in Bereitschaften, Rettungsdienst und Wohlfahrtspflege sowie mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Euro als gesellschaftlicher Faktor gilt. Fast traditionell ist die Präsidentschaft mit einem CSU-Parteibuch verbunden (oft allerdings waren es nicht mehr aktive Politiker), die Übernahme der Aufgabe zählt wohl durchaus zum Selbstverständnis der Regierungspartei.

Als Zellners Verzicht publik wurde, hatte zuerst Krems seine Ambitionen verkündet. Er verwies auf seine praktische Erfahrung in zahlreichen Sparten des BRK und die parteipolitische Unabhängigkeit. Schorer, die erst kürzlich als Bezirkschefin des BRK Schwaben bestätigt wurde, führte ihr Wirken im Verband seit zwei Jahrzehnten auf, aber auch ihre "Netzwerke": Ihr sei es möglich, "an der richtigen Stelle die richtigen Worte nicht nur zu finden, sondern auch eine offene Tür". Die "kurzen Wege in München" habe sie auch schon als Bezirkschefin "immer wieder eingebracht". Schon bisher habe sie da "bewiesen, dass ich das absolut trennen kann". Praktiker gegen Netzwerkerin, so klangen die Positionierungen vor der Wahl.

Streit sei "nicht im Sinne des BRK"

Das knappe Ergebnis legt nahe, dass die Debatte um die politische Komponente der Präsidentschaft Mitglieder und Delegierte sehr wohl beschäftigt hat. Aus der Szene wurde aber auch bekannt, dass viele mit der Möglichkeit einer erstmals "echten Auswahl" haderten; ein Streit und hitziger Wahlkampf sei "nicht im Sinne des BRK" und seiner öffentlichen Wahrnehmung, war zu hören, im schlimmsten Fall könnten Wunden bleiben.

Schorer dürfte nun alles daran setzen, dass keine schlechte Stimmung bleibt. Die Abgeordnete aus dem Stimmkreis Marktoberdorf sitzt seit 2003 im Landtag. Dort ist sie im Ausschuss für Bau und Verkehr und als Schriftführerin Mitglied des Landtagspräsidiums. Die vierfache Mutter ist gelernte Bankkauffrau und Landwirtin eines Milchviehbetriebs. Sie biete "Erfahrung, Wissen und Durchsetzungskraft auf allen Ebenen", warb sie für ihre BRK-Kandidatur. Sie arbeite "strukturiert und organisiert" und könne daher mehrere Aufgaben unter einen Hut bringen; womöglich wird sie jetzt aber ihre Aufgabe als stellvertretende Landrätin im Oberallgäu aufgeben.

"Impfen ist Bürgerpflicht", sagt Theo Zellner

Theo Zellner, vor seiner BRK-Präsidentschaft bedeutender CSU-Kommunalpolitiker, verabschiedete sich auf der Landesversammlung. "Ich habe dieses Amt gerne und aus persönlicher Überzeugung ausgefüllt." Er nutzte die Versammlung, um für die Corona-Impfung zu werben. "Wir werden aus diesem ständigen Wellenritt nicht rauskommen, ohne eine höhere Impfquote zu erreichen. Impfen ist Bürgerpflicht und ein solidarischer Akt", sagte er.

Das umstrittene Herunterfahren der bayerischen Impfzentren im Herbst kritisierte Zellner als "Fehler, vor dem ich mit Nachdruck gewarnt hatte". Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lobte das BRK als "geballte gesellschaftliche Kraft und unverzichtbaren Wohlfahrtsverband". Aus dem starken Netz der bayerischen Gefahrenabwehr sei es "nicht wegzudenken". Das Rote Kreuz in Bayern ist als einziger Landesverband nicht als eingetragener Verein, sondern als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert, das Innenministerium hat die Aufsicht.

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