Süddeutsche Zeitung

Naturschutz:Fischer hadern mit dem Otter

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Verbandspräsident fordert, europaweit den strengen Schutz der Tiere abzuschwächen, damit sie leichter abgeschossen werden können. Ansonsten sei die Teichwirtschaft in Gefahr.

Von Christian Sebald

Die Fischer und Teichwirte in Bayern drängen weiter darauf, dass Fischotter leichter abgeschossen werden dürfen. Dazu soll die EU-Kommission - ähnlich wie sie das bei Wölfen vorhat - den strengen Schutzstatus der Tiere absenken. "Wir hoffen dabei auf die starke Unterstützung der Staatsregierung", sagt der Präsident des Landesfischereiverbands, Axel Bartelt. Allerdings zeigt das Beispiel Wölfe auch, dass so eine Absenkung des Schutzstatus einer Tierart nicht so einfach machbar ist - und vor allem nicht so schnell. Die Fischer und Teichwirte klagen schon seit Langem über Millionenschäden durch die gefräßigen Tiere. Für das Jahr 2022 bezifferte Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) sie auf beinahe 2,7 Millionen Euro, was einer annähernden Verzehnfachung im Vergleich zu 2016 entspricht.

Fischotter wie Wölfe sind nicht nur nach dem Naturschutzrecht der EU geschützt. Sondern außerdem nach der Berner Konvention. Das ist ein völkerrechtlicher Vertrag zum Schutz der wild lebenden Pflanzen und Tiere in Europa und ihrer Lebensräume. Er müsste für eine Lockerung des Wolfs- wie des Fischotterschutzes ebenfalls geändert werden. Unterzeichnet haben die Berner Konvention 46 europäische Staaten, vier afrikanische Staaten und die EU. Jenseits der Frage, ob die Herabstufung des Fischotterschutzes unter ihnen mehrheitsfähig ist, ist klar, dass das Verfahren hierfür sicher mehrere Jahre dauert. Bei der letzten Initiative, den Schutz des Wolfes in der Berner Konvention abzuschwächen, vergingen etwa fünf Jahre zwischen Antrag und Entscheidung. Der Vorstoß wurde übrigens abgelehnt.

Die Fischer hatten ursprünglich große Hoffnungen in die Fischotterverordnung gesetzt, die die Staatsregierung im Frühjahr 2023 erlassen hat. Sie war auf Niederbayern und die Oberpfalz beschränkt und gab nur ein vergleichsweise kleines Kontingent Fischotter zum Abschuss frei. Aus Sicht von Naturschützern markierte sie aber einen Wendepunkt im Umgang des Freistaats mit den geschützten Tieren. Bis dahin konnten die Teichwirte ihre Teiche und Fische darin durch Elektrozäune vor den gefräßigen Räubern schützen. Wenn dies nicht möglich war oder keine Abhilfe brachte, sollten sie nun einzelne Fischotter abschießen dürfen. Das wollten die Naturschützer nicht hinnehmen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gab ihnen recht.

Der Frust der Teichwirte ist seither groß. "Wir stehen wieder bei null und können uns weiterhin nicht effizient vor dem Otter schützen", sagt Alfred Stier, Fischzuchtmeister im oberpfälzischen Bärnau und Vizepräsident des Landesfischereiverbands. "Die bestehenden Entschädigungen reichen bei Weitem nicht aus, um die Verluste zu decken." Er fordert einen Erschwernisausgleich für Betriebe, die besonders unter dem Fischotter leiden. "Ansonsten geben noch mehr Kollegen auf und die Teichwirtschaft ist bald Geschichte." Noch vor 30 Jahren waren Fischotter bis auf wenige Exemplare im Bayerischen Wald praktisch verschwunden im Freistaat. Inzwischen haben sich die Bestände vor allem in Ostbayern erholt. Schätzungen zufolge leben dort etwa 650 Fischotter.

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