Süddeutsche Zeitung

Stoibers Geburtstag:"Edmund war schneller"

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Wenn einer wie Edmund Stoiber 80 wird, ist es mit einer Feier nicht getan. Bei einem Empfang im Buchheim-Museum bekommt er ein ganz unerwartetes Geschenk.

Von Peter Fahrenholz, Bernried

Fast erinnert es ein bisschen an Franz Josef Strauß. Als der im Jahr 1985 seinen 70. Geburtstag feierte, zogen sich die Festivitäten gut zwei Wochen hin. Ganz so pompös ist es bei Edmund Stoiber nicht, aber wenn einer von Stoibers Kaliber 80 Jahre alt wird, ist es mit einer offiziellen Feier natürlich auch nicht getan. Am vergangenen Freitag hat die CSU ihn geehrt und Stoiber forderte seine Parteifreunde angesichts der Verwerfungen in der Union eindringlich auf, einen Beitrag zu leisten, "um den Laden zusammenzuhalten".

Empfänge vom Verband der bayerischen Wirtschaft und des FC Bayern werden noch folgen. Am Montag ist Stoiber an einem besonders idyllischen Ort eingeladen: dem Buchheim-Museum in Bernried am Starnberger See. Es wird dabei ein Kapitel aus Stoibers Leben aufgeblättert, das den meisten bei den ganzen High-Tech-Offensiven, die der Mann in seinem Leben vorangetrieben hat, vermutlich entfallen ist: Stoibers Wirken als Kulturpolitiker.

Nicht dass Stoiber in seinen diversen Funktionen durch besondere Kulturbeflissenheit aufgefallen wäre. Auf Auslandsreisen hat er das Kulturprogramm, das die jeweiligen Gastgeber voller Stolz auf ihre Kulturschätze zusammengestellt hatten, gerne auf ein Minimum reduziert oder auch mal ganz geschwänzt. Aber dass der kulturelle Glanz durch herausragende Einrichtungen ein wichtiger Teil der "Gesamtkomposition" Bayerns ist, wie das Stoiber in seiner Erwiderung auf die Laudatio nennt, hat er immer erkannt.

Und so verbindet ihn mit dem Buchheim-Museum eine besondere Geschichte. Denn Stoiber hat sich persönlich dafür eingesetzt, dass die Schätze des äußerst streitbaren Kunstsammlers Lothar-Günther Buchheim, der Widersacher schon mal als "Gullyratten" bezeichnete, in Bayern bleiben und nicht in dessen Geburtsstadt Weimar abwandern. Bayerns Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser stellt das lange Hin- und Her um dieses Museum in seiner Laudatio auf das Ausführlichste dar und listet bei der Gelegenheit gleich alle kulturellen Verdienste aus Stoibers Amtszeit auf. "Zehn Kulturbauten in zehn Jahren, so schnell war auch Ludwig der Erste nicht", rühmt Faltlhauser und fügt hinzu: "Edmund war schneller."

Aber es gibt noch eine zweite, ganz persönliche Verbindung Stoibers zu diesem Museum. Vorsitzender der gemeinnützigen Buchheim-Stiftung, die Träger des Museums ist, ist sein ehemaliger Amtschef in der Staatskanzlei, Walter Schön. Und weil ein akribischer leitender bayerischer Staatsbeamter auch nach seiner Pensionierung noch wie ein akribischer leitender bayerischer Staatsbeamter arbeitet, hat sich Schön für Stoiber ein besonderes Geschenk ausgedacht.

Statt ihm einen Löwen aus Nymphenburger Porzellan zu schenken, den Stoiber zu den anderen Porzellanlöwen hätte stellen können, die er im Laufe seines Lebens geschenkt bekommen hat oder eine langweilige Festschrift in Auftrag zu geben, ist Schön die Sache generalstabsmäßig angegangen. Bereits vor zwei Jahren hat er angefangen, Weggefährten, politische Gegner, Journalisten und ehemalige Mitarbeiter um kurze Beiträge zu bitten.

Herausgekommen ist dabei ein Kaleidoskop, wie Schön das nennt, in dem insgesamt 60 Autorinnen und Autoren Stoiber aus ihrer persönlichen Warte betrachten oder Erlebnisse mit ihm schildern. Angela Merkel kommt darin ebenso zu Wort wie Gerhard Schröder, überhaupt haben sich neben vielen Unionsgranden auch diverse Widersacher von einst wie Renate Schmidt oder Otto Schily geäußert. Selbst Hans-Jochen Vogel hat kurz vor seinem Tod noch einen kurzen Beitrag geschickt.

Von Stoibers langjährigem Fahrer Klaus Schmidbauer erfährt man, dass Stoiber immer zehn Tafeln Schokolade als Notration im Handschuhfach hatte, weil er meist keine Zeit zum Essen hatte. Stoiber selber ist über das Geschenk sichtlich gerührt. "Was soll ich dazu sagen, ich bin völlig überrascht", sagt er. Und bekennt dann, dass er eigentlich all die Jahre völlig ungesund gelebt habe, "immer Stress, immer Verfügbarkeit". Deshalb sei er "außerordentlich dankbar", dass er seinen 80. Geburtstag überhaupt noch erleben könne.

Natürlich sind bei einem solchen Anlass viele Gäste aus alten Tagen dabei. Einer allerdings sorgt für Aufsehen und wird sofort von den Medienvertretern umlagert. Aus Berlin ist Norbert Röttgen gekommen, den Stoiber aus der Zeit kennt, als er zusammen mit Franz Müntefering die erste Föderalismusreform verhandelt hat. Röttgen war damals als Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion ein Antipode Stoibers und hat hart für die Bundeskompetenzen gefochten.

Bei Stoibers Geburtstagsempfang wird Röttgen von den CSU-Gästen regelrecht angeschwärmt, viele sehen in ihm im gegenwärtigen Unions-Tohuwabohu ganz offensichtlich den richtigen Mann für die Zukunft der CDU. Bloß keinen Neuanfang mit Friedrich Merz, dem Mann von gestern, ist der Tenor vieler Gespräche. In der CDU haftet Röttgen der Ruf eines zwar klugen, aber wenig verankerten Einzelkämpfers an. Wenn er den loswerden will, muss er sein Fundament verbreitern. So gesehen war der Besuch in Bernried für ihn sicher kein Misserfolg.

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