Süddeutsche Zeitung

Bevölkerungsstatistik:Die Bayern werden mehr - und älter

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Die Bevölkerung im Freistaat wächst - allerdings nicht, weil so viele Kinder geboren werden. Bayern profitiert von der Zuwanderung aus dem Ausland. Eine Region wird wohl trotzdem schrumpfen.

Von Katja Auer

Bayerns Bevölkerung wächst weiter - und sie wird internationaler und älter. Im Jahr 2041 werden etwa 13,9 Millionen Menschen im Freistaat leben, das sind 714 000 mehr als heute. Diese Zahl stellte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Donnerstag vor, sie ist das Ergebnis der jährlichen Bevölkerungsvorausberechnung des Landesamtes für Statistik. Das ist deutlich mehr als in früheren Berechnungen, bei denen auch schon ein Rückgang erwartet worden war.

Der Grund für das Wachstum ist aber nicht, dass die Bayern so viele Kinder kriegen. Im Gegenteil, etwa seit dem Jahr 2000 sterben deutlich mehr Menschen als geboren werden. So wurden etwa im Jahr 2021 gut 134 300 Kinder geboren und es starben etwa 148 000 Menschen. Dieser Trend setzt sich weiter fort. "Daher ist der für Bayern bis 2041 erwartete Bevölkerungszuwachs von 5,4 Prozent ganz klar auf Wanderungsgewinne zurückzuführen", sagte Herrmann.

Seit vielen Jahren schon kommen mehr Menschen in den Freistaat als wegziehen, im Jahr 2022 war die Differenz besonders hoch, weil so viele Menschen vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind. Nicht alle werden wohl bleiben, aber zum Stichtag 30. September 2022 lebten etwa 150 000 Leute mit ukrainischer Staatsangehörigkeit in Bayern, das waren mehr als fünfmal so viele wie zu Jahresbeginn.

Schon für das Jahr 2023 schätzen die Statistiker, dass deutlich weniger Menschen aus der Ukraine nach Bayern kommen, sie rechnen mit etwa 42 000 Personen. Insgesamt geht aus der Berechnung hervor, dass 2022 etwa 201 000 Ausländer in den Freistaat gezogen sind, in diesem Jahr soll sich die Zahl nahezu halbieren.

Ohne Zuzug "würde Bayern in den nächsten 20 Jahren fünf Prozent seiner Bevölkerung verlieren"

In den vergangenen zehn Jahren habe Bayern einen Wanderungsgewinn von gut 1,12 Millionen Personen erlebt, sagte Herrmann. Etwa 79 000 Menschen seien aus anderen Bundesländern zugezogen, mehr als 1,04 Millionen aus dem Ausland. "Wäre das nicht der Fall, würde Bayern in den nächsten 20 Jahren fünf Prozent seiner Bevölkerung verlieren", sagte er.

Der sogenannte positive Wanderungssaldo gilt für alle Landkreise und kreisfreien Städte, wenngleich er unterschiedlich hoch ausfällt. Dennoch sagen die Statistiker für einzelnen Regionen, vor allem im Norden Bayerns, Bevölkerungsrückgänge voraus. Das liegt wiederum daran, dass die Zahl der Sterbefälle die der Geburten übersteigt. "Die Entwicklung kann dort auch nicht durch den Wanderungszuwachs ausgeglichen werden", sagte Herrmann.

Oberfranken wird als einziger Bezirk 2041 weniger Einwohner haben als heute

Am stärksten trifft das Oberfranken. Der Regierungsbezirk ist der einzige, der der Berechnung zufolge 2041 weniger Einwohner als heute haben wird, die Bevölkerung soll dort um 1,6 Prozent sinken. Das allerdings klingt weniger dramatisch als in früheren Berechnungen. Die Statistiker hatten Oberfranken auch schon einen Bevölkerungsschwund von fast zehn Prozent prophezeit. Der Landkreis Wunsiedel etwa sollte der Berechnung von 2008 zufolge bis 2028 ein Fünftel seiner Bevölkerung verlieren. Das hat sich nicht bewahrheitet. Nun weisen die Zahlen für Wunsiedel nur noch einen Rückgang von bis zu 7,5 Prozent bis 2041 aus. Herrmann sprach von einer "Stabilisierung der Verhältnisse" durch den Zuzug.

Thomas Gößl, der Präsident des Landesamtes für Statistik, erkennt einen Trend, von der Großstadt aufs Land zu ziehen. Die Corona-Krise habe das noch verstärkt, da etwa weniger Studierende in die Städte und umgekehrt Familien raus gezogen seien. Besonders die Landeshauptstadt München habe Einwohner verloren, sowohl an das direkte Umland, als auch an entferntere Regionen wie Niederbayern. Das zeige, dass viele Menschen die Lebensverhältnisse in ländlichen Regionen genauso gut einschätzten, sagte Gößl.

Insgesamt werden für 22 Landkreise und kreisfreie Städte sinkende Einwohnerzahlen erwartet, allesamt im Norden und Osten Bayerns. Am härtesten könnte es den oberfränkischen Landkreis Kronach treffen, dort soll die Bevölkerung um mehr als 7,5 Prozent zurückgehen.

Das größte Wachstum erlebt demnach Schwaben. Dort könnten 2041 8,6 Prozent mehr Menschen leben, dicht gefolgt von Oberbayern. Niederbayern wächst trotz seiner problematischen Grenzlandkreise Regen, Freyung-Grafenau und Deggendorf um sieben Prozent, besonders stark wegen der Stadt Landshut. Dort erwarten die Statistiker einen Zuwachs von 17,6 Prozent.

Allerdings brauche es weiterhin vor allem einen Zuzug von Fachkräften. Herrmann nannte es einen Erfolg, dass bereits 11 000 ukrainische Geflüchtete in Beschäftigung seien. Das sei für den kurzen Zeitraum ein großer Erfolg und zeige das große Potenzial.

Wachstum oder nicht, die Bayern werden älter. Zwar werden auch die unter 20-Jährigen ein bisschen mehr, bis 2041 werden 166 000 junge Menschen hier leben. Deutlich mehr sind die Leute über 65 Jahre. 753 000 könnten 2041 gezählt werden. Das Durchschnittsalter steigt dann um 1,3 auf 45,4 Jahre. Zudem sinkt die Zahl der Leute im erwerbsfähigen Alter. Das zeigt, dass die demografische Entwicklung weiter Probleme bereithält.

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