Süddeutsche Zeitung

Kultur:Augsburgs teures Theater

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Von Florian Fuchs, Augsburg

Es ist noch gar nicht lange her, da war den Umbauplänen des Augsburger Staatstheaters eine historische Stadtmauer im Weg. Archäologische Grabungen hatten die Mauer freigelegt, genau an der Stelle, an der ein neuer Orchesterprobensaal entstehen sollte. Also haben sie die Ausrichtung des Probensaals geändert, damit die Stadtmauer erhalten bleiben kann, aber das nützt jetzt auch nichts mehr: Wie die Stadt am Mittwoch bekannt gab, wird auch sonst noch einiges an den bisherigen Planungen geändert werden müssen, was aber nicht an den Resten der alten Stadtmauer liegt, sondern an anderen Preistreibern. Die ursprüngliche Kostenprognose der reinen Gesamtsanierung von etwa 185 Millionen Euro ist nicht mehr zu halten, aktuelle Schätzungen gehen von 20 Millionen Euro mehr aus - und auch das in einer schon abgespeckten Bauversion.

Die Geschichte der Theater-Sanierung in Augsburg ist lang: 2016 musste das sogenannte Große Haus des Theaters, der größte Spielort, kurzfristig schließen, aus Brandschutzgründen. Das Ensemble um Intendant André Bücker hat sich inzwischen an Interimsspielstätten gewöhnt. Auch ein Bürgerbegehren gegen die Sanierungs- und Neubaumaßnahmen hätte es vor Jahren geben sollen, die Initiatoren störten sich an den Kosten, die für das notorisch klamme Augsburg entstehen.

Allerdings brachten sie die erforderlichen Stimmen nicht zusammen: Zwar gaben die Kritiker eine Unterschriftenliste im Rathaus ab, viele Stimmen waren aber ungültig. Teils hatten Leute mit Wohnsitz im Ausland unterschrieben, gab Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) damals bekannt, teils waren Fantasienamen eingetragen. Dass saniert werden muss, war im Stadtrat kaum umstritten, jahrzehntelang hatte die Stadt Sanierungen vor sich hergeschoben.

Die aktuellen Bauplanungen bestehen aus zwei Teilen. Unter dem Begriff "Bauteil 1" läuft die Generalsanierung des Großen Hauses, 113,5 Millionen Euro sind dafür veranschlagt, ein Auftragsvolumen von 30 Millionen Euro hat die Stadt bereits vergeben. Ursprünglich gab es eher Befürchtungen, dass die Kalkulation für das denkmalgeschützte Gebäude nicht haltbar sein könnte. Falls die Sanierung teurer würde, müsse eben Hand angelegt werden bei Proberäumen und Werkstätten, sagte Gribl Ende 2017. "Das bedeutet dann Verzicht." Allerdings, betont die Verwaltung, läuft hierbei alles nach Plan.

Das Problem ist nun "Bauteil 2", der Neubau einer zweiten Spielstätte mit Verwaltung, Probebühnen und Werkstätten. Knapp 73 Millionen Euro waren dafür veranschlagt, im Frühjahr zeichnete sich dann ab, dass die Umsetzung der Pläne eher 125 Millionen Euro kosten würde, unter anderem wegen Brandschutz und Grundwasser.

Also haben Architekt, Baureferat, Kulturreferat und Staatstheater seit dem Frühjahr an den Plänen gefeilt und den Verzicht, von dem der Oberbürgermeister sprach, nun bereits in die neuen Planungen eingearbeitet: Die zweite Spielstätte soll an die Stelle kommen, an der zuvor das Orchesterprobengebäude geplant war, was erhebliche Kosten beim Brandschutz einspart. Es wird kein viertes Geschoss mehr im Technikkeller geben, weil sonst aufwendig Grundwasser abgepumpt müsste. Es soll nur drei statt vier Probebühnen geben, die Raumhöhen und Flächen werden reduziert und die technische Ausstattung zurückgefahren. All diese Einsparungen einberechnet, belaufen sich die Kosten auf 93 Millionen Euro - also immer noch 20 Millionen mehr, als bislang vorgesehen.

"Was an Einschränkungen unerlässlich ist, ist für das Staatstheater sicher schmerzlich", sagt Kulturreferent Thomas Weitzel. Entscheidend sei aber, dass damit keine funktionalen Einschränkungen verbunden seien und das Staatstheater seinem Anspruch weiter gerecht werde. Baureferent Gerd Merkle betont, dass bislang "für das Bauteil 2 noch kein einziger Cent verbaut" worden sei. Die Stadt befindet sich ja noch in den Vorplanungen. An diesem Donnerstag wird Merkle dem Stadtrat die erdachten Änderungen vortragen. Zur Diskussion steht auch die Frage, ob die zweite Spielstätte gleich gebaut oder die Planung dafür noch um Jahre geschoben werden sollte.

Bis 2025/2026 sollen Sanierung und Neubauten fertig sein, auf den Freistaat kann die Stadt Augsburg bei ihrer Finanzkalkulation aber nur bedingt bauen. 75 Prozent der förderfähigen Kosten kommen aus München, wird es teurer, erhöht sich entsprechend der Anteil. Den Rest trägt Augsburg. Da nützt es auch nichts, dass Ministerpräsident Markus Söder das vormalige Stadttheater zum 1. September 2018 zum Staatstheater befördert hat: Das bedeutet rein finanziell nur, dass der Freistaat die Hälfte der Förderung des laufenden Betriebs übernimmt.

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Quelle:
SZ vom 25.07.2019
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