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Neue Materialien bei Autos:Jedes Gramm zählt

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Mit dem i3 beschreitet BMW innerhalb der Automobilbranche neue Wege. Weniger wegen seines Elektroantriebs, der sich für einen akzeptablen Alltagsnutzen mit einem Verbrennungsmotor als Reichweitenverlängerer kombinieren lässt. Herzstück des BMW i3 sind die sogenannten Live- und Drive-Module. Ersteres bezeichnet die Karosse, die aus Karbonfaser besteht, Letzteres den kompletten Antrieb mit Akkus und Elektromotor in einem Alurahmen. Viel Karbonfaser wird es auch im neuen 7er geben, der 100 Kilogramm leichter werden soll und im Herbst auf den Markt kommt.

Die britische Markenallianz Jaguar-Land Rover geht einen anderen Weg. "Karbon ist einfach zu teuer", so Entwicklungsvorstand Wolfgang Ziebart, zuvor bei BMW, Zulieferer Continental und dem Sportwagenhersteller Artega tätig. "Daher setzen wir für unsere Modelle auf Aluminium." So sollen unter anderem das Topmodell Range Rover und das ab Sommer erhältliche Mittelklassemodell Jaguar XE leichter werden. Dessen Karosserie besteht zu 75 Prozent aus Aluminium. Das XE-Chassis wiegt so lediglich 251 Kilogramm.

Auch der Audi Q7 wird leichter

Auch Audi will den Leichtbau per Aluminium wieder in den Kern seiner Entwicklungen rücken. Durch den umfassenden Einsatz des Leichtmetalls wiegt allein die Karosserie des neuen Q7 71 Kilogramm weniger als beim Vorgänger. Auch die zukünftigen Generationen von A6, A7 und A8 sollen so deutlich an Gewicht verlieren.

Die Idee, durch die Verwendung von Aluminium im Serienautomobilbau Gewicht zu sparen, ist nicht neu. Mit einer Mischung aus Aluminium und Stahl brachte es die Rohbaukarosse eines Porsche 911 bereits 1992 auf knapp 220 Kilogramm. Später wurden die Karosserien - vor allem wegen schärferer Crashtest-Vorgaben und größerer Ausmaße - deutlich schwerer, beim letzten Elfer wog sie 280 Kilogramm. Mit der aktuellen 911-Baureihe gelang Porsche der Umschwung, seine Rohbaukarosse wiegt etwa 250 Kilogramm.

Möglich wurde die Gewichtsreduzierung vor allem durch einen anderen Materialmix und Veränderungen an der Konstruktion. "Kein einziges Karosserieteil ist noch so wie beim Vorgängermodell", so Lorenz Heinisch von Porsche. Ein Beispiel dafür ist der hintere Längsträger. Der bestand bei der Vorgänger-Reihe noch aus 14 zusammengefügten Stahlbauteilen und wog 14,5 Kilogramm. Der Träger im neuen 911 wird in Aluminium-Druckgusstechnik erstellt. Nun reichen drei Einzelteile, die zusammen gerade einmal 8,6 Kilogramm wiegen. Vorder- und Hinterwagen sowie große Teile des Bodens bestehen auch vorrangig aus Aluminium. Insgesamt kommt der Aluminium-Anteil beim Coupé auf 44 Prozent der Rohkarosse.

Mehr Gewicht heißt mehr Verbrauch

Es hat einen guten Grund, dass die Hersteller ihre Autos auf Diät setzen: Mehr Gewicht heißt mehr Verbrauch. Der von BMW betriebene Aufwand, das Gewicht der schweren Akkupakete in i3 und i8 durch leichtere Chassis und Karosserien auszugleichen, ist gigantisch und muss erst einmal bezahlt werden. Nach wie vor sind Karosserieteile aus Karbonfaser um ein vielfaches teurer als Stahl oder Aluminium. Zudem entstehen bei Karosseriemodulen wie dem eines BMW i3 große Mengen an Verschnitt, der sich nur teuer recyceln lässt. Für Fahrzeuge mit hoher Stückzahl ist Karbon unbezahlbar - erst recht in preisgünstigen Fahrzeugsegmenten.

Mit einem Anteil von durchschnittlich mehr als 50 Prozent ist und bleibt Stahl immer noch das wichtigste Material für die Automobilindustrie. Allerdings hat auch der traditionelle Werkstoff in den vergangenen Jahren einige Veränderungen durchgemacht. Durch Zugabe von Metallen wie Mangan, Nickel und Chrom haben Stahlhersteller ihre Produkte verändert und auf die immer anspruchsvolleren Anforderungen der Autobauer abgestimmt.

"Dabei bietet sich vor allem Magnesium an", sagt Porsche-Mann Lorenz Heinisch. Das Metall ist etwa 75 Prozent leichter als Stahl und und wiegt nur fast halb so viel wie Aluminium. Es galt jedoch bislang als schwer zu verarbeiten. Nun gibt es neue Verfahren, die einen Einsatz des Werkstoffes einfacher und kostengünstiger machen könnten. Damit Magnesium das gelingt, was Aluminium einst vorgemacht hatte: den Weg vom Motorsport in die Serie zu gehen. Denn schon vor einem halben Jahrhundert trugen Sport- und Rennwagen leichte Karosserien aus Magnesium.

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