Süddeutsche Zeitung

Restitution:Dinosaurier-Fossil soll nach Brasilien zurück

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Nach langem Streit entscheidet die Landesregierung von Baden-Württemberg, dass die Reste des Sauriers Ubirajara jubatus wohl nicht rechtmäßig erworben wurden. Das Fossil soll nun ins Heimatland gebracht werden.

Von Jakob Wetzel

Lange haben Baden-Württemberg und Brasilien um die Fossilien gerungen, nun steht fest: Der Dinosaurier "Ubirajara jubatus" aus der Kreidezeit, der sich bislang noch im Staatlichen Naturkundemuseum Karlsruhe befindet, kehrt dorthin zurück, wo er einst ausgegraben worden ist. Das hat die Landesregierung von Baden-Württemberg am Dienstag entschieden. Das Wissenschaftsminsterium in Stuttgart hatte zwar noch im vergangenen Jahr bestritten, dass die Fossilien illegal nach Deutschland gebracht worden seien. Nun aber heißt es, das Museum habe das Ministerium fehlerhaft informiert und auch nicht belegen können, dass die Einfuhr legal war. "Nach unserer Einschätzung sind die Umstände der Aus- und Einfuhr dieses einzigartigen Fossils nicht eindeutig und es bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Erwerbs und der Einfuhr", sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) am Dienstag. Der Dinosaurier solle dorthin zurück, "wo er angesichts seiner hohen Bedeutung und der fragwürdigen Erwerbsumstände hingehört - nach Brasilien". Womöglich wird er dort künftig im Nationalmuseum in Rio de Janeiro verwahrt.

Ubirajara jubatus lebte vor etwa 110 Millionen Jahren dort, wo sich heute der Nordosten Brasiliens befindet. Forscher unter anderem aus Karlsruhe, England und Mexiko hatten ihn 2020 in der Fachzeitschrift Cretaceous Research erstmals beschrieben und die Fachwelt in Staunen versetzt. Nicht wegen der Größe des Sauriers: Mit einer Schulterhöhe von etwa einem Viertelmeter war er nur so groß wie ein schmächtiges Hühnchen. Doch während viele Dinosaurier gefiedert waren, hatte dieser offenbar eine Art haarige Mähne. Noch dazu trug er auf jeder Schulter zwei aus Keratin bestehende Hörner. Keratin ist der Stoff, aus dem Haare und Fingernägel bestehen. Eine solche Physiognomie hatte kein bisher bekannter Dinosaurier. Der Name Ubirajara jubatus bedeutet "Herr des Speeres mit Mähne".

Das Naturkundemuseum muss nun prüfen, ob es weitere Objekte besitzt, die auf unklare Weise erworben wurden.

Aufmerksamkeit erregte der Dinosaurier indes auch aus einem anderen Grund: Wie unter anderem das Wissenschaftsmagazin Science berichtete, warfen brasilianische Paläontologen den Forschern vor, das Fossil hätte gar nicht nach Karlsruhe gebracht werden dürfen. Nach brasilianischem Recht ist der Verkauf von Fossilien ins Ausland verboten. Cretaceous Research zog die Studie daraufhin zurück. Der Streit kochte auch hoch, weil Ubirajara bei Weitem nicht der einzige Dinosaurier ist, der in einem Schwellen- oder Entwicklungsland entdeckt, aber außer Landes gebracht und von europäischen oder amerikanischen Forschern untersucht worden ist. Wie eine Analyse im vergangenen Jahr ergab, werden dabei häufig nicht einmal einheimische Wissenschaftler beteiligt.

Laut Wissenschaftsministerium von Baden-Württemberg hatte ein privater Fossilienhändler im Jahr 2006 das versteinerte Fossil eingeführt und 2009 an das Staatliche Naturkundemuseum Karlsruhe verkauft. Laut Ministerium verließ sich das Museum damals darauf, dass das Fossil rechtmäßig importiert worden war, und überprüfte die Angaben des Händlers nicht. Eine Sprecherin des Museums äußerte sich auf Anfrage nicht, sondern verwies an das Wissenschaftsministerium.

Das Naturkundemuseum müsse nun prüfen, ob es in seiner Sammlung weitere Objekte besitzt, die auf ähnlich unklare Weise erworben worden sind, so Ministerin Bauer. Im Museum in Karlsruhe wird das eine Aufgabe für einen neuen Direktor sein: Der bisherige Leiter des Naturkundemuseums Norbert Lenz hatte bereits im Mai angekündigt, das Haus Ende September aus persönlichen Gründen zu verlassen.

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