Süddeutsche Zeitung

Kakadus:Papageien mit Rhythmus im Blut

Lesezeit: 1 min

Kakadus trommeln mit Stöcken den perfekten Beat auf hohle Äste. Sie sind die einzigen Tiere, die wie Menschen ein Werkzeug benutzen, um damit Musik zu machen. Kostprobe gefällig?

Von Tina Baier

Wenn Ringo Starr ein Weibchen beeindrucken will, baut er ein Instrument. Mit seinem großen Schnabel bricht der Palmkakadu einen dicken Zweig ab und kürzt ihn auf die Länge eines Stifts. Dann nimmt der große schwarze Vogel den Stock in den linken Fuß und schlägt einen wilden Beat auf einen hohlen Ast.

"Palmkakadus sind die einzigen Tiere, die wie Menschen ein Werkzeug benutzen, um damit Musik zu machen", sagt Christina Zdenek von der University of Queensland, die sieben Jahre lang verschiedene Drum-Sessions von Ringo Starr und 17 weiteren männlichen Palmkakadus auf der Kap-York-Halbinsel im Nordosten Australiens aufgezeichnet hat. Das Getrommel dieser Vögel ähnele in vielen Punkten menschlicher Instrumentalmusik, schreiben Zdenek und ihr Kollege Robert Heinsohn von der Australian National University in Canberra in der Fachzeitschrift Science Advances.

Der Vogel konnte das Lied "Everybody" von den Backstreet Boys tanzen

Die Kakadus halten einen Rhythmus penibel ein - eine Aufgabe, mit der Schimpansen, aber auch Kleinkinder hoffnungslos überfordert sind - und sie haben, ähnlich wie menschliche Musiker, einen eigenen, unverwechselbaren Stil. Ringo Starr beispielsweise beginnt seine bis zu 14 Minuten langen Percussions stets mit einer Art Trommelwirbel, der dann in einen langsameren, regelmäßigen Beat übergeht. Hin und wieder lassen die Tiere auch ein Pfeifen oder andere Töne einfließen. Die meisten der 131 Trommelsequenzen, die die Wissenschaftler ausgewertet haben, fanden in Anwesenheit eines Weibchens statt. Wenn der Kakadudame die Darbietung gefällt, beginnt sie, die Bewegungen des Männchens nachzuahmen, bis beide Vögel gemeinsam hin und her schaukeln.

Dass ein Gefühl für Rhythmus kein Privileg des Menschen ist, wie viele Wissenschaftler lange glaubten, bewies vor einigen Jahren bereits ein Gelbhaubenkakadu namens Snowball. Der Vogel konnte im Rhythmus des Lieds "Everybody" von den Backstreet Boys tanzen, indem er mit dem Kopf nickte und abwechselnd das rechte und linke Bein hob. Dass er tatsächlich über Rhythmusgefühl verfügte, zeigten US-Wissenschaftler damals, indem sie Snowball sein Lieblingslied in verschiedenen Geschwindigkeiten vorspielten. Der Kakadu passte seinen Tanz perfekt dem Tempo an. Und als es ihm zu schnell wurde, fand er eine musikalisch einwandfreie Lösung. Er veränderte seine Bewegungen so, dass sie nur noch jeden zweiten Schlag widerspiegelten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3566594
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 30.06.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.