Süddeutsche Zeitung

Volkswagen:Wenn Herbert Diess' Augen glänzen

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Der VW-Chef hat seine wichtigsten Manager zusammengerufen - und zeigt Nerven, als Ehrengast Elon Musk auf dem Bildschirm auftaucht.

Von Max Hägler

Es gibt eine Truppe bei Volkswagen, die Konzernchef Herbert Diess besonders kritisch beäugt: die oberste Managementkaste. Wer "TMK" ist, also im "Top-Management-Kreis", der sollte eigentlich eine herausragende Fachkompetenz haben und herausragend handeln und führen. Dafür gibt es meist ein siebenstelliges Gehalt. Doch Diess hat das anders erlebt: Zu wenig Unternehmergeist hätten manche. So aber, findet er, könne das nichts werden mit dem Wandel, den er für so nötig hält: VW müsse schneller, effizienter und gewiefter arbeitet, um den neuen und wirklich schnellen Wettbewerbern aus China oder den USA - allen voran Tesla - Paroli bieten zu können.

Nun hat er diese Leute wieder einmal zusammengeholt und sich für die Umarmungstaktik entschieden: mehr Emotion, mehr Herz, auch gegenüber dem direkten Konkurrenten. Für drei Tage trafen sich die 200 hochrangigsten Führungsmänner (es sind fast nur Männer) des 662 575-Menschen-Konzerns beim "Leadership Summit" in Alpbach in Tirol. Im Tagungszentrum sollten sie ihre Firmen präsentieren mit den Strategien fürs Geldverdienen, also für die Elektroautos und Roboter von morgen. Diess lobte sogar ("Ich bin sehr happy mit meinem Team, es ist mein Dreamteam") und schließlich durften sich die Kolleginnen und Kollegen auch noch Briefchen schreiben mit ihren Sorgen, Nöten und Wünschen. Einigermaßen beschaulich, auf den ersten Blick, auch beim Dresscode: Diess trug Trachtenjanker zur Jeans.

Wobei das Bild natürlich trügt, denn Spaß stand mitnichten auf dem Programm, auch nicht in der Freizeit. Statt zum Rutschen im legendären "Lauser-Sauser" ging es zum "Anaerobic Hiking". Man kann sich Diess vorstellen, wie er seine hoch bezahlte Wandergesellschaft anführt, die atemlos hinterherschlurft, obwohl sie doch alle so fleißig trainiert haben. Und statt über die eigenen Erfolge sprach Diess untertags vor allem über die Erfolge der anderen: "Ich weiß, einige von euch hassen das", soll er gesagt haben, als es um Herausforderungen ging. "Aber in erster Linie ist es Tesla." Der Abstand zu diesem Konkurrenten vergrößere sich. "Sie werden schneller. Sie liefern. Sie werden besser im Bauen von Autos. Sie sind die einzige Marke, die trotz Covid wächst."

An einem der beiden Abende schaltete er als "Überraschungsgast" ausgerechnet diesen größten Konkurrenten per Video zu: Tesla-Chef Elon Musk. In Grünheide bei Berlin will der bald eine Fabrik einweihen, die ein E-Auto in unter 15 Stunden produziert. VW braucht mehr als doppelt so lang. Die Video-Schalte war insofern als Ansporn durchaus nicht ungeschickt. Und doch hat auch der harte Antreiber offenbar Gefühle: Als Musk erzählte, dass er einst Porsche fuhr und dass VW eine ikonische Marke sei, da hätten die Augen von Diess geradezu geglänzt, erzählt ein Beobachter.

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