Süddeutsche Zeitung

Verlängerung des Kreditprogramms:Griechische Reformpläne verspäten sich

Lesezeit: 2 min

Von Cerstin Gammelin, Brüssel

Die griechische Regierung von Premierminister Alexis Tsipras hat im Ringen um weitere finanzielle Hilfen ihre Verhandlungsstrategie mit den Euro-Partnern geändert. Aus Sorge, dass die nationalen Parlamente einiger Länder, unter ihnen der Bundestag, die geplante Verlängerung der Kredithilfen ablehnen könnten, arbeitete Athen bei der Vorbereitung der geforderten Reformen eng mit den Partnern zusammen. Tsipras wisse, dass er eine Agenda präsentieren müsse, die von den Euro-Partnern als Beweis und klares Bekenntnis zu Reformen akzeptiert werde, sagte ein hoher EU-Diplomat in Brüssel.

Die Euro-Partner und Griechenland hatten sich nach schwierigen Verhandlungen am Freitag vergangener Woche darauf geeinigt, das am 28. Februar auslaufende Kreditprogramm um vier Monate bis 30. Juni 2015 zu verlängern. Dazu sollte die Athener Regierung bis Montag, Mitternacht, eine Liste konkret benannter Reformen bei den Institutionen der Kreditgeber, der früheren Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank, einreichen.

Bei der Abstimmung der Reformen in der Regierungskoalition schlug Tsipras am Montag allerdings der Vorwurf entgegen, zu stark den Forderungen der Euro-Partner nachzugeben. Um die Spannungen zu mildern, ließen Tsipras' Unterhändler intern einen Entwurf kursieren, der nur den unstrittigen Teil der Reformagenda enthielt sowie den Vermerk, Athen werde erst Dienstagmorgen liefern. Um Mitternacht lag die Liste noch nicht vor. In Brüssel hieß es am Abend: "Ein paar Stunden Verspätung sind kein Beinbruch." Entscheidend sei, dass alle nötigen Reformen in der finalen Liste enthalten seien.

Enger Zeitplan, dramatische Lage

Am Montag waren einige mutmaßliche Punkte vorab bekannt geworden. Athen will Steuerflucht, Schmuggel und Korruption bekämpfen und Vermögende stärker zur Kasse bitten. Der Kampf gegen Benzinschmuggel soll 1,5 Milliarden Euro einbringen, die Bekämpfung von Zigarettenschmuggel 800 Millionen Euro. Jeweils 2,5 Milliarden Euro erhofft sich Athen von einer Vermögensteuer sowie dem Eintreiben geschuldeter Steuern.

Die Finanzminister sind für diesen Dienstag zu einer Telefonkonferenz verabredet. Befinden sie die Reformvorschläge für tauglich, werden sie die Verlängerung des Kreditprogramms formal beschließen. Bis Freitag müssen die Parlamente in Deutschland, Italien, Portugal, Finnland, Estland und Slowenien zustimmen. Erst dann wird die Verlängerung wirksam.

Der Zeitplan ist sehr eng und die finanzielle Lage so dramatisch, dass sich Athen keine Ablehnung leisten kann. Bereits von Dienstag dieser Woche an muss die Regierung von Premier Tsipras Staatsreserven anzapfen, um die täglichen Ausgaben bezahlen zu können. Hinzu kommen bis Sommer Kreditverpflichtungen von 17 Milliarden Euro. Wird das Kreditprogramm verlängert und erfüllt die Regierung Tsipras alle Auflagen, kann sie mit knapp 15 Milliarden Euro an Hilfe rechnen. Zwei Drittel davon sind für die Rekapitalisierung von Banken vorgesehen.

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Quelle:
SZ vom 24.02.2015
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