Süddeutsche Zeitung

Schweiz:Der alte UBS-Chef wird der neue

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Die frisch fusionierte Schweizer Großbank UBS tauscht überraschend den Chef aus - jetzt kommt Sergio Ermotti zurück. Ist er der Richtige?

Von Isabel Pfaff, Bern

Sein Name kursierte schon eine Weile, seit klar ist, dass die Schweizer Großbank UBS ihre taumelnde Rivalin Credit Suisse übernehmen wird. Nun steht fest: Sergio Ermotti kehrt zurück an die Spitze der UBS - dorthin, wo er bereits von 2011 bis 2020 war. "Im Lichte der neuen Prioritäten von UBS", so teilte die Bank am Mittwochmorgen mit, habe der Verwaltungsrat Sergio Ermotti zum neuen Vorstandschef ernannt.

Der Niederländer Ralph Hamers, der die UBS-Führung erst 2020 von Ermotti übernommen hatte, macht also wieder Platz für seinen Vorgänger. Dieser hatte eigentlich die Banken- gegen die Versicherungswelt getauscht und war 2021 Verwaltungsratspräsident von Swiss Re geworden. Als solcher wird Ermotti sich zwar am 12. April bestätigen lassen, doch dann wird er zurücktreten. Amtsantritt bei der UBS ist der 5. April. Hamers soll für eine Übergangszeit von einigen Monaten noch als Berater mit an Bord bleiben.

Von einem "Paukenschlag" schreiben Schweizer Medien - und tatsächlich ist die Personalie ziemlich bedeutend. Die UBS wird nach Vollendung der staatlich orchestrierten Übernahme der Credit Suisse eine Bank von gewaltiger Größe sein, vor allem für die kleine Schweiz. Zusammen ist die Bilanzsumme beider Institute doppelt so groß wie das schweizerische Bruttoinlandsprodukt. Von dem neuen Geldhaus dürften Risiken ausgehen, die für das kleine Land kaum zu kontrollieren sind. "Ein Land in Geiselhaft einer Bank" - so beschrieb jüngst die emeritierte Compliance-Professorin Monika Roth die Lage.

Die Bevölkerung sieht die Zwangsfusion sehr kritisch

Kurz nach dem schon jetzt historischen Sonntag, den 19. März, der das Ende der Credit Suisse besiegelte, sah es noch so aus, als werde ausgerechnet diese für die Schweiz systemrelevante Bank von zwei Ausländern geführt: Bankchef Hamers und Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher, der aus Irland stammt. Das ist zwar für Schweizer Großunternehmen nicht ungewöhnlich, egal ob bei Roche, Glencore oder Nestlé: Überall sitzen Ausländer in den Chefetagen. Doch bei der UBS drohte das externe Spitzenduo zur Belastung zu werden. Zu sehr waren bei dem Deal staatliche Hilfen und Garantien im Spiel gewesen. Die Schweizer Bevölkerung steht der Zwangsfusion entsprechend kritisch gegenüber, wie eine Umfrage des Schweizer Rundfunks zeigt. Neben dem drohenden Jobabbau befürchten viele jetzt eine Monopolstellung der neuen Bank und vor allem die stete Gefahr, dass der Schweizer Staat und damit die Steuerzahler die Bank stützen müssen, wenn es wieder Probleme gibt.

In dieser Gemengelage Sergio Ermotti zurückzuholen, liegt nahe. Ermotti, 62 Jahre alt und gelernter Investmentbanker, ist nicht nur Schweizer und damit vertraut mit den politischen und wirtschaftlichen Realitäten im Land. Er ist zudem derjenige, der die UBS nach ihrer demütigenden Staatsrettung 2008 auf den Erfolgspfad geführt hat: weg vom risikoreichen Investmentbanking, den Fokus ganz auf die Vermögensverwaltung. Diesen Kurs verfolgte Ermotti zusammen mit dem früheren Verwaltungsratspräsidenten und Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber. Zusammen galten die beiden als Dreamteam: Weber, der umsichtige Krisenmanager, und Ermotti, dem es auch dank seines Stallgeruchs gelang, die Investmentbanker zu zähmen.

Ähnliches dürfte auch jetzt von dem Tessiner gefragt sein. Die UBS steht vor der Aufgabe, die Credit Suisse zu integrieren und dabei so anzupassen, dass sie zum heutigen Profil und der Kultur der UBS passt. Wie Präsident Kelleher am Mittwoch betonte, handle es sich bei der CS-Übernahme um "die größte Finanztransaktion seit 2008", das bringe ein enormes Ausführungsrisiko mit sich. Ermotti sei dafür der "bessere Pilot". Dass es bei dem Wechsel auch um Ermottis Pass gegangen sei, verneinte Kelleher mehrmals.

Ermotti selbst sagte, dass er sich geehrt fühle, diese "herausfordernde und dringende Aufgabe" zu übernehmen. Und er fügte noch hinzu: Er habe schon früher das Gefühl gehabt, dass "das nächste Kapitel" in seiner Laufbahn eine Großübernahme wie diese sein sollte.

Es klingt also alles danach, dass die UBS dabei bleiben will: Sie übernimmt die CS als Ganzes. Von den politischen Forderungen, die Schweiz-Einheit herauszulösen, um den Wettbewerb zu erhalten, hält die Bankspitze offenkundig wenig. Man sei auf dem Schweizer Markt gar nicht in allen Bereichen die Nummer eins, verteidigte Ralph Hamers die Haltung der Bank am Mittwoch. Die Unruhe im Land wird der scheidende Chef mit diesem Hinweis wohl nicht bändigen können. Das wird sehr bald Sergio Ermottis Problem sein.

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