Süddeutsche Zeitung

Tarifstreit mit der GDL:Bahn geht auf Gewerkschaft zu

Lesezeit: 2 min

Von Detlef Esslinger, München

Bahn bietet Tarifverträge fürs gesamte Zugpersonal

Die Deutsche Bahn ist jetzt bereit, mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Tarifverträge fürs gesamte Zugpersonal abzuschließen - also nicht nur für Lokführer und Zugbegleiter, sondern auch für Bordgastronomen, Disponenten, Lokrangierführer und Trainer. Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber sagte der Süddeutschen Zeitung am Sonntag, dies habe er GDL-Chef Claus Weselsky angeboten.

Was die GDL der Bahn vorwirft

Vorangekommen sind die Verhandlungen aber trotzdem nicht. Weselsky sagte am Freitagabend, nachdem beide Seiten sechs Stunden miteinander gesprochen hatten, die Bahn beharre nach wie vor "auf ihrer Vorbedingung, der Tarifeinheit". Sie verlange "definitiv" von der GDL, dass konkurrierende Tarifbestimmungen im Konzern ausgeschlossen seien.

Dieser Vorwurf wird von Bahn-Vorstand Weber als "schräg" empfunden. Es gebe keine Konditionen dieser Art, er habe längst die Position aufgegeben, dass die beiden Bahngewerkschaften GDL und EVG vor Verhandlungen klären, wer für welche Berufsgruppen zuständig sei. "Aber wir haben intern und öffentlich mehrmals erklärt, was das Ziel unserer Verhandlung ist: einheitliche Arbeitsbedingungen für eine Berufsgruppe mit beiden Gewerkschaften zu erreichen."

In der Tat meint der Fachbegriff "Tarifeinheit", dass es in einem Betrieb einen Tarifvertrag gibt, an den sich auch Gewerkschaften halten müssten, die diesen nicht ausgehandelt haben. Dazu bereitet die Bundesregierung ein Gesetz vor. Der Begriff verbietet aber nicht, dass der Arbeitgeber und mehrere Gewerkschaften identische Tarifverträge aushandeln.

Bahn bietet Verfahren in zwei Stufen

Weber bot der GDL ein Verfahren in zwei Stufen an: Zunächst solle über Lokführer und Zugbegleiter verhandelt werden. Sobald man sich über diese beiden Gruppen einig geworden sei, sollten auch Bordgastronomen, Disponenten, Lokrangierführer und Trainer in das Tarifwerk aufgenommen werden. Der Tarifvertrag solle dann für alle sechs Berufsgruppen gemeinsam unterschrieben werden.

Weber sagte, nun sei es an GDL-Chef Weselsky, sich "auch einmal zu bewegen". Er habe ihm am Freitag gesagt, die GDL könne nicht dauernd Forderungen stellen, woraufhin die Bahn reagiere, die Gewerkschaft aber immer stehen bleibe. "So geht das einfach nicht." In den Verhandlungen gehe es "viel zu lange um Macht- und Zuständigkeitsfragen statt um die Entlohnung und Arbeitsbedingungen von 160 000 Mitarbeitern, die gute Arbeit leisten".

GDL will Reisende über Weihnachten schonen

Der Hauptvorstand der GDL will bis Donnerstag entscheiden, wie es weitergehen soll. Die Gewerkschaft kündigte jedoch bereits an, zwischen dem 19. Dezember und dem 11. Januar nicht zu streiken. Soll man daraus schließen, dass es vor Weihnachten auf keinen Fall eine Lösung in dem monatelangen Konflikt geben wird? Bahn-Vorstand Weber sagte der SZ: "Ich habe immer noch hinreichend Ideen und Phantasie, vor Weihnachten ein Ergebnis erzielen zu können - und wenn wir uns zwei Tage in Klausur einschließen, es ist machbar."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2245264
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 01.12.2014
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.