Süddeutsche Zeitung

Super League und JP Morgan:Die Bank hinter den umstrittenen Fußball-Plänen

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Mit der US-Großbank JP Morgan hat die Super League eine der stärksten Investmentbanken an ihrer Seite. Doch die Kritik ist heftig. Muss sich das Geldhaus nun um seinen Ruf sorgen?

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Jamie Dimon und seine Leute werden mit Kritik gerechnet haben für ihre Pläne, den reichsten Fußballvereinen Europas mit Milliarden beim Aufbau einer Superliga zu helfen. Dass der Gegenwind aber derart scharf ausfallen würde, das hat der Vorstandschef der amerikanischen Großbank JP Morgan vielleicht doch nicht vorhergesehen. Nachdem das Vorhaben am Wochenende bekannt geworden war, verging jedenfalls kaum Zeit, bis sich sogar Polit-Promis wie der britische Premier Boris Johnson zu Wort meldeten. Er werde alles tun, "um diesem lächerlichen Plan die rote Karte zu zeigen", schrieb der Regierungschef in der Zeitung The Sun. Prinz William ergänzte auf Twitter, es ginge nun darum, "von der obersten Ebene bis zur Basis, die Werte von Wettbewerb und Fairness in ihrem Kern zu schützen".

Was aber nicht nur Politiker, sondern vor allem Fans empört: Mit Hilfe von JP Morgan soll die neue Super League der Champions League Konkurrenz machen. Und weil die Bank der neuen Liga die finanzielle Kraft gibt, könnte diese jährlich vier Milliarden Euro an Fernseh-Übertragungsrechten und Sponsoreneinnahmen realisieren, wie die Financial Times schreibt. Die reichen Klubs würden reicher, die Armen ärmer; und auch sportlich bliebe man künftig unter sich - ähnlich wie im amerikanischen Profisport, aber eben ein Bruch mit den Traditionen in Europa.

Genau dafür aber stellt das US-Geldhaus nun Kredite in Höhe von mindestens 3,5 Milliarden Euro bereit, die als "Willkommensprämien" an die Klubs verteilt werden sollen. Sechs Teams aus England und jeweils drei aus Italien und Spanien haben sich angemeldet. Sie würden unter der Woche gegeneinander spielen und haben sich bereits vertraglich verpflichtet, einige Jahre Teil der Super League zu bleiben.

Viele Fans fragen sich seither: Bestimmten jetzt Finanzgiganten von der Wall Street, wie wir in Europa Fußball organisieren? Und was ist das eigentlich für eine Bank, die "den womöglich größten Umbruch des europäischen Fußballs seit den 1950er-Jahren", finanzieren will, wie es die Nachrichtenagentur Bloomberg formuliert.

Tatsächlich hätte diese Finanzierung nicht jede beliebige Bank stemmen können. Und selbst ein Haus wie JP Morgan geht damit wohl große Risiken ein, vor allem was ihren Ruf anbelangt. "Das ist für Banken politisch extrem heiß", sagt ein Banker, der sich mit Fußball-Geschäften auskennt. Hätten britische, französische oder deutsche Geldhäuser das Geschäft finanziert, sie wären von den Fans, die vielfach identisch mit den Kunden sind, wohl in der Luft zerrissen worden.

JP Morgan aber kann einiges aushalten, als größte Bank der USA, die hierzulande kaum im Geschäft mit Privatkunden unterwegs ist. Selbst im Pandemie-Jahr erwirtschaftete JP Morgan fast 30 Milliarden Dollar Gewinn, mehr als alle deutschen Banken zusammen in einem normalen Geschäftsjahr. Ihr Chef Jamie Dimon, 65, führt die Investmentbank seit fünfzehn Jahren vergleichsweise erfolgreich, gilt als Doyen der Wall Street und ist über sein Aktienpaket an der Bank sogar Milliardär. Auch in der Pandemie folgte Dimon seinem Credo, die Bank-Bilanz so abzusichern wie eine Festung, legte 2020 mehr als zehn Milliarden Dollar als Risikovorsorge für faule Kredite zur Seite.

"Bei so einem Geschäft hätte es in unseren Gremien wohl intensive Diskussionen gegeben."

Das Geld für die Super League kann JP Morgan also leicht aufbringen, zumal solche Finanzierungen zum normalen Geschäft großer Banken gehören, die dazu wiederum Anleihen am Kapitalmarkt begeben. Laut Medienberichten hat JP Morgan bei dem Fußball-Kredit zwei bis drei Prozent Zinsen jährlich vereinbart über eine Laufzeit von 23 Jahren. Zudem sollen die Vereine wohl 264 Millionen Euro per annum tilgen. Unter dem Strich dürfte also etwas hängen bleiben bei der Bank. Zudem erhofft sich das Geldhaus vermutlich Beratungsmandate. Wie man auf JP Morgan kam, dazu gibt es keine Informationen. Dem Vernehmen nach gab es keinen so genannten "Pitch", also keinen Wettkampf verschiedener Banken um das Mandat, die Sache war offenbar exklusiv. JP Morgan selbst will sich nicht äußern.

Ob das Geschäftsmodell trägt, wird sich zeigen: Die Betreiber der nationalen Ligen in England, Spanien und Italien sowie die Fußballverbände Uefa und Fifa drohen bereits mit rechtlichen Schritten bis hin zum Ausschluss der Vereine aus den heimischen Ligen. Die Uefa drohte sogar damit, Spieler, die in der Super League antreten, nicht als Nationalspieler zuzulassen. "Man muss sich als Bank genau überlegen, ob man so etwas macht", sagt der Deutschland-Chef einer anderen großen US-Bank, der nicht genannt werden will. "So etwas verstößt eventuell gegen Prinzipien von Leistung und Fairness, und da müssen Sie prüfen, passt das zu meinen eigenen Grundsätzen?" Hinzu kommt: Der Fußball ist anfällig für Korruption, ein Thema, bei dem insbesondere die US-Aufsichtsbehörden keinen Spaß verstehen. "Bei so einem Geschäft", so formuliert es der Banker verklausuliert höflich, "hätte es in unseren Gremien wohl intensive Diskussionen gegeben." Gut möglich, dass es die auch noch bei JP Morgan geben wird.

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