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Soziale Medien:So Fake-verseucht ist Facebook

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Nicht jedes Facebook-Konto ist, was es vorgibt zu sein. Manche Nutzer ahmen andere Personen nach, viele Accounts sind nur dazu da, Spam oder Propaganda auf dem sozialen Netzwerk zu verbreiten. Und das, obwohl der Konzern sich von seinen Nutzern versichern lässt, dass sie sich unter ihrem echten Namen anmelden. Nun hat Facebook im Rahmen seines halbjährlichen "Transparenzberichts" erstmals Zahlen vorgelegt, die das Ausmaß falscher Nutzerprofile verdeutlichen.

Mehr als eine Milliarde Konten will das Unternehmen allein in einem halben Jahr gelöscht haben, 694 Millionen im letzten Quartal 2017 und 583 Millionen im ersten Quartal 2018. Insgesamt seien 3 bis 4 Prozent der Konten fake. Viele würden automatisiert mit speziellen Skripten oder Bots erstellt und überfluteten dann das Netzwerk mit Spam. Das Unternehmen rühmt sich, mehr als 98 Prozent dieser Konten selbst erkannt zu haben, bevor Nutzer sie als verdächtig meldeten. In den Zahlen sind nicht jene Accounts enthalten, die Facebooks Software automatisch schon in jenem Moment erkennt und blockiert, in dem sie erstellt werden. Im ersten Quartal habe das Unternehmen zudem 837 Millionen Spam-Beiträge entfernt.

Nach den Enthüllungen über Desinformationskampagnen russischer Akteure im US-Wahlkampf war Facebook unter Druck geraten, stärker gegen Fake-Accounts vorzugehen und seine Kontrollmechanismen transparenter zu machen. Hochrangige Mitarbeiter inklusive Konzernchef Mark Zuckerberg mussten vor Abgeordneten des US-Kongresses aussagen.

Der neue "Transparenzbericht" zeigt nicht nur, wie Facebook auf Anfragen nationaler Gerichte reagiert, sondern erstmals auch, wie das Unternehmen Verstöße gegen seine Gemeinschaftsstandards ahndet. Diese internen Regeln hat das Unternehmen erst vor kurzem öffentlich gemacht. ( Die SZ hatte sie schon 2016 enthüllt.)

In wenigen Ländern werden mehr Beiträge gesperrt als in Deutschland

Im ersten Quartal 2018 löschte Facebook auch 21 Millionen Beiträge, weil sie Nacktheit oder Sex zeigten (ohne Kinderpornografie). 96 Prozent davon wurden dem Unternehmen zufolge automatisch erkannt.

Die Zahlen zeigen, dass Facebook sich immer stärker auf automatisierte Erkennungssysteme verlässt, die Beiträge automatisch scannen. Beim Thema "Hassrede" zeigt sich, wie begrenzt jedoch Algorithmen sind, wenn es um Sprache geht. Facebook sagt, dort "funktioniert unsere Technologie nach wie vor nicht so gut". Von den 2,5 Millionen Beiträgen, die im ersten Quartal gelöscht wurden, wurden 38 Prozent automatisiert gemeldet.

Der Bericht enthält auch Zahlen dazu, wie viele Beiträge im zweiten Halbjahr 2017 in bestimmten Ländern blockiert wurden, weil sie dort illegal sind. In Deutschland waren 1893 Beiträge betroffen, deutlich mehr als im Halbjahr zuvor. Das lag vor allem daran, dass die Zahl der Beiträge, die gesperrt wurden, weil Nutzer den Holocaust geleugnet hatten, um die Hälfte auf 1607 Fälle gestiegen ist. Hinzu kamen 212 Fälle von Beleidigung, die restlichen 74 verteilten sich auf Volksverhetzung und Verstöße gegen den Jugendschutz. Nur in der Türkei, Mexiko und Indien blockierte Facebook aufgrund von Gesetzen mehr Beiträge als in Deutschland.

Weltweit hat sich die Zahl der wegen nationaler Gesetze blockierten Beiträge im zweiten Halbjahr 2017 halbiert, weil sie in den sechs Monaten zuvor künstlich aufgebläht war. Ein Video eines Schulmassakers aus Mexiko hatte sich damals viral verbreitet, das Löschen jeder von mehr als 20 000 Kopien des Videos floss damals in die Statistik ein.

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