Süddeutsche Zeitung

Einzelhandel:DM, Edeka und Aldi bieten ihren eigenen Sodastream an

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Von Michael Kläsgen

Im Grunde genommen geht es ja nur um Wasser. Aber wenn es wirklich nur das wäre, würden sich nicht ständig so viele an Sodastream reiben. Jetzt sind es keine politischen Aktivisten mehr, die sich darüber aufregen, dass die US-Schauspielerin Scarlett Johansson für den israelischen Wassersprudler wirbt, der damals noch in den von Israel besetzten Gebieten fertigen ließ. Das Werk ist längst geschlossen; die Gemüter haben sich zumindest darüber weitgehend beruhigt. Jetzt ist es die Konkurrenz, die sich regt.

Denn Sodastream ist in Ländern wie Deutschland zum Quasi-Monopolisten aufgestiegen und hat hierzulande einen Marktanteil von schätzungsweise 90 Prozent. Das ist der Grund, warum die Firma wieder im Fokus steht. Bisher sprudelte sie weitgehend allein vor sich hin, jetzt wachen diverse Mitbewerber auf. "Wir nehmen das als Kompliment", sagt Deutschland-Chef Ferdinand Barckhahn, "Erfolg macht auch ein bisschen sexy."

Es ist ja auch nicht nur praktisch, sondern obendrein ökologisch, einfach Leitungswasser aufzusprudeln. Das empfiehlt mehr oder minder unumwunden sogar die Bundesregierung, weil das Leitungswasser in Deutschland so gesund sein soll. Nicht zuletzt spart man sich die Schlepperei von Sprudelwasserkisten und häuft keine Einwegplastikflaschen an. Bei den Schweizern und Schweden ist das Selbersprudeln ziemlich weit verbreitet. Jeder vierte Haushalt tut es dort, in Deutschland lässt jeder zehnte Haushalt daheim die Zylinder quietschen. Was denjenigen, die Sodastream verkaufen, auf- und zum Teil auch missfiel, ist eines: das rasante Wachstum des Unternehmens. Vor nur drei Jahren pressten gerade mal halb so viele Haushalte in Deutschland Kohlensäure in ihr Leitungswasser.

In der Branche ist zu hören, der unangefochtene Marktführer unter den Wassersprudlern sei ob der Marktstellung ein wenig zu selbstbewusst in Preisverhandlungen gegangen, was bei Händlern schnell auf die Marge schlagen kann. Für die Annahme spricht, dass Sodastream seit ein paar Monaten zum US-Konzern Pepsico gehört, der es allein aufgrund seiner schieren Größe vielleicht nicht so sehr nötig hat, besonders feinfühlig in Verhandlungen aufzutreten. Drogeriebranchenprimus dm kappte jedenfalls di e Leitungen zum langjährigen Partner und holte sich einen anderen Wassersprudler ins Haus: Soda Trend von der DS Holding mit Sitz im norddeutschen Stapelfeld: ein nach offizieller Darstellung in allen gängigen Wassersprudlern einsetzbarer Universalzylinder, TÜV-geprüft und ja auch das: Made in Germany. Warum der Wechsel?

Sebastian Bayer, dm-Geschäftsführer Marketing und Beschaffung, sagt: "Die Zylinder sind von vergleichbarer Qualität und bieten unseren Kunden einen Preisvorteil." Man darf davon ausgehen, dass dm trotz des geringeren Verkaufspreises nicht schlechter daran verdient als an Sodastream. Schmerzt es Sodastream, wenn die größte Drogeriemarktkette abspringt und weitere Rivalen entstehen?

Edeka hat längst neben Sodastream Zylinder der Eigenmarke ins Regal gestellt; und Aldi Süd verkauft in Österreich Geräte der Marke Sodastar. Das alles kann Barckhahn, den Deutschland-Chef des Marktführers, aber nicht aus der Ruhe bringen. Das Unternehmen sei seit 25 Jahren auf dem Markt und habe schon viele Mitbewerber kommen und gehen sehen. Er hat Größeres im Blick: den riesigen Anteil von Plastikflaschen. 90 Prozent der Konsumenten kaufen Wasser in PET-Flaschen. Die Schweiz und Schweden zeigen, dass der Markt für Wassersprudler noch stark wachsen kann - ohne dass sie sich gegenseitig verdrängen müssen. Deswegen geht Barckhahns Rechnung ganz anders, und dabei hat er Österreich im Kopf.

Dort rührte Sodastream im vergangenen Sommer die Werbetrommel und war selber vom einschlagenden Erfolg überrascht. In Österreich lassen es heute noch mehr Haushalte zischen als in Deutschland. Deshalb startet Sodastream im Mai die nächste große Werbekampagne in Deutschland, Pepsico machts möglich. Ziel ist, es in 20 Prozent der deutschen Haushalte sprudeln zu lassen. Ob die Konkurrenz das zulässt?

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Quelle:
SZ vom 16.04.2019
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