Süddeutsche Zeitung

Arbeitsgericht:Bei Sixt könnte es bald einen Betriebsrat geben

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Der Autoverleiher hatte drei Mitarbeiterinnen gekündigt, nachdem sie in Düsseldorf einen Betriebsrat gründen wollten. Nun muss das Unternehmen die Frauen wieder einstellen.

Von Dieter Sürig

Sixt und Betriebsrat? Das hat es bislang nicht gegeben, könnte sich aber bald ändern. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat am Dienstag in zweiter Instanz mehrere Kündigungen gegen drei Sixt-Mitarbeiterinnen kassiert. Der Mietwagenkonzern hatte diese im vergangenen Jahr ausgesprochen, nachdem die Frauen, die an der Sixt-Station am Düsseldorfer Flughafen arbeiteten, einen Betriebsrat gründen wollten. Sixt weist einen Zusammenhang zurück, doch selbst das Gericht habe durchblicken lassen, "dass es nicht um Vertragspflichtverletzungen geht", sagt Verdi-Gewerkschaftssekretär Özay Tarim. "Es ging immer um Verhinderungsmöglichkeiten von Betriebsratswahlen", sagt er.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hatte die Kündigungen bereits im Februar für "unwirksam" erachtet, auch, weil die Mitarbeiterinnen als Initiatorinnen einer Betriebsratswahl einen sogenannten "Sonderkündigungsschutz" genießen. Sixt hatte daraufhin Berufung eingelegt und hat nun beim Landesarbeitsgericht erneut eine Niederlage erlitten. Eine Revision ist nicht möglich. Das bedeutet, dass die Mitarbeiterinnen ihre Jobs behalten und nun einen Betriebsrat gründen können - was sie auch vorhaben.

"Damit ist auch der Vorwurf vom Tisch, die Mitarbeiterinnen hätten lediglich hohe Abfindungen herausschlagen wollen", sagt Tarim. Als das am Dienstag erneut zur Sprache kam, hätten die drei Frauen eine Abfindung abgelehnt. "Sie wollten doch nur einen Betriebsrat gründen und nun ihren Arbeitsplatz zurück". Der Gewerkschaftssekretär von Verdi appelliert nun an Sixt, "sich an die demokratischen Regeln zu halten, um nicht weiter Schaden anzurichten". Sixt sei schließlich keine kleine Bäckerei, sondern ein "Global Player", also ein internationales Unternehmen. Er kritisiert, dass Sixt auch durch mehrfache Kündigungen versucht habe, die Mitarbeiterinnen mürbe zu machen. "Wir ziehen den Hut vor diesen drei Frauen, die standhaft geblieben sind", sagt Tarim. Sixt will mögliche Rechtsmittel gegen die Entscheidung prüfen, "sobald uns die vollständige Urteilsbegründung vorliegt".

Eigentlich müsste es beim Pullacher Autovermieter längst einen Betriebsrat geben. Die Gebrüder Alexander und Konstantin Sixt, die den deutschen Marktführer mit etwa 6400 Beschäftigten und 2,3 Milliarden Euro Euro Jahresumsatz seit Mitte 2021 führen, beteuern immer wieder, nichts gegen einen Betriebsrat zu haben. "Wenn die Belegschaft einen Betriebsrat wünscht, wird Sixt dies unterstützen", heißt es auch in einer schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens von Anfang des Jahres. Es gibt aber Beispiele von Sixt-Mitarbeitern, die genau das wünschen, dann jedoch mitunter gekündigt werden. Während die Gewerkschaft Verdi davon spricht, dass das kein Zufall sei, sieht Sixt das - naturgemäß - anders. Das Unternehmen argumentierte zum Beispiel, "dass es im Kern gerade nicht um die Gründung eines Betriebsrats, sondern um hohe Abfindungen geht".

Das Arbeitsgericht hatte die Kündigungen schon im Februar kassiert

Sixt hatte dies auch auf den jüngsten Fall vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf gemünzt. Der Hauptinitiatorin der Betriebsratswahlen hatte das Unternehmen aus verschiedenen Gründen sogar gleich dreimal fristlos gekündigt. Als sie im Herbst vergangenen Jahres gemeinsam mit zwei Kolleginnen einen Betriebsrat gründen wollte, erhielt sie eine fristlose Kündigung, weil sie im August mehrmals zu spät zur Arbeit erschienen sei.

Schon im Januar hatte sie nach Gerichtsangaben eine Abmahnung erhalten, wegen angeblichen Zuspätkommens in drei Fällen. Im November und Dezember folgten zwei weitere fristlose Kündigungen gegen die Mitarbeiterin: Zum einen soll sie bewusst einen wegen der Corona-Beschränkungen zu kleinen Raum gemietet haben, um sich bei der Wahl in den Wahlvorstand für die Betriebsratswahl die Mehrheit zu sichern. Außerdem habe sie Hausfriedensbruch begangen, als sie im Dezember eine neue Einladung zur Wahlversammlung in der Filiale aushängte. Den anderen auch gekündigten Mitarbeiterinnen war laut Sixt eine Aufhebungsvereinbarung angeboten worden, die diese aber abgelehnt hätten.

Im Februar hatte das Arbeitsgericht bereits die Kündigungen der Hauptinitiatorin "für rechtsunwirksam erachtet" und der entsprechenden Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die angeblichen Verspätungen würden allenfalls eine ordentliche Kündigung rechtfertigen. Das LAG konstatierte nun, dass stattdessen eine neuerliche Abmahnung nötig gewesen wäre, da die Mitarbeiterin auch vor dem August regelmäßig zu spät gekommen sei - ohne Folgen.

Was aber noch wichtiger ist: Die außerordentliche Kündigung sei ausgeschlossen, "weil die Klägerin den Schutz als Wahlbewerberin" genossen habe. Auch die beiden anderen fristlosen Kündigungen der Beschäftigten kassierte das Gericht, weil es bezüglich angeblicher Manipulationen bei der Wahlversammlung keine Anhaltspunkte gegeben habe. Selbst "der etwaige Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten berechtigte nicht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses". Und im dritten Fall habe die gekündigte Mitarbeiterin zwar das Hausrecht verletzt, dies rechtfertige aber "in der Abwägung aller Umstände keine Kündigung".

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