Süddeutsche Zeitung

Silicon Valley und die Medien:Nur gute Nachrichten von den Superkapitalisten

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Die Risikokapitalfirma Andreessen Horowitz baut ihre eigenen Medienkanäle. Die Tech-Branche will an kritischen Journalisten künftig einfach vorbeisenden.

Von Jannis Brühl

Am 19. Februar 1996 sah Amerika Marc Andreessen barfuß auf einem Thron sitzen. Der damals 24-jährige Unternehmer lachte vom Titelbild des Time-Magazins. Er hatte den Netscape-Browser gebaut und so den Massen das Internet zugängig gemacht. Time inszenierte ihn als Prototypen des Digital-Millionärs.

Heute braucht Andreessen die Medien nicht mehr. Sein Geschäftspartner Ben Horowitz und er sind so etwas wie die Superkapitalisten der Hochtechnologie-Ära aus Kalifornien. Ihr Risikokapitalfonds Andreessen Horowitz ist bekannt für Wetten, die aufgehen. Seine frühen Investitionen in Skype, Instagram und Airbnb gelten als Geniestreiche, er hält an Hunderten Technologiefirmen Anteile. Sein Name wird mit der Zahl der Buchstaben zwischen dem ersten und dem letzten abgekürzt: a16z.

Dass man im Silicon Valley zunehmend ungestört bleiben will, zeigt das neue Projekt von Andreessen Horowitz: ein eigenes Nachrichten-Medium, das den a16z-Blick auf die Welt verbreitet. Nicht Skepsis, sondern "rationaler Optimismus" über Technologie soll dort vorherrschen, heißt es in der Ankündigung. Als Chefredakteurin hat a16z Maggie Leung eingekauft, ehemalige Redakteurin von CNN. Der Großinvestor unterhält schon ein Netzwerk aus Blogs und Podcasts, nun will er zum Leitmedium für seine ganze Branche werden.

In der Branche fühlen sich viele in dem Glauben bestätigt, die Medien hätten es auf sie abgesehen

Der Frust über kritische Medien sitzt bei einigen im Valley tief. Lange konnte man sich auf wohlwollende Berichterstattung verlassen, von Andreessens Time-Titelbild bis zur rauschartigen Berichterstattung über Steve Jobs' durchinszenierte Produktpräsentationen. Nun schauen Reporter genauer hin und finden: Desinformation, Monopolstrukturen, Massenüberwachung. Die Debatte über die gesellschaftlichen Folgen digitaler Technik tobt.

Den Ton für die Gegenpropaganda gab Investor Balaji Srinivasan vergangenes Jahr vor: Journalisten würden ohnehin nur verzerrt berichten. Seine Ansage: "go direct" - die Botschaften der Branche sollen ohne kritische Recherchen oder Kontext unter die Leute. Anfragen von Times-Journalisten solle man ignorieren. Manche erinnert das an Donald Trump: Mit Reportern wird einfach nicht mehr geredet. Ben Horowitz von a16z lehnte eine Interview-Anfrage der SZ ab, und so geht es auch vielen Reportern im Silicon Valley.

Dazu passt, dass Marc Andreessen auf der Audiochat-Plattform Clubhouse viele Reporter blockiert hat, wie Taylor Lorenz von der New York Times kritisierte. Dadurch seien die Journalisten ausgesperrt, wenn Andreessen etwa mit Mark Zuckerberg plaudert. In Clubhouse hat a16z zwölf Millionen Dollar gesteckt.

Wie unversöhnlich Teile der Branche und die Times einander gegenüberstehen, zeigte sich am Wochenende. Die Zeitung veröffentlichte einen Artikel ihres Reporters Cade Metz über den Blog "Slate Star Codex", der in der Investoren-Elite beliebt ist. Metz insinuierte mit eher dürftigen Belegen, Autor und Leser des Blogs stünden reaktionärem Denken nahe. Zudem hatte er dem unter Pseudonym schreibenden Blogger angedroht, dessen bürgerlichen Namen zu veröffentlichen. Daraufhin schaltete der seinen Blog ab. Nun fühlen sich viele in der Branche im Glauben bestätigt, Medien hätten es auf sie abgesehen. Da sende man lieber direkt.

Bei a16z fangen sie damit schon an. Der digitale Kapitalismus macht seine Nachrichten in Zukunft selbst.

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