Süddeutsche Zeitung

Luanda Leaks:Ermittlungen wegen Millionenkredit für "die Prinzessin"

Lesezeit: 2 min

Über die staatliche KfW-Ipex-Bank gelangten rund 50 Millionen Euro an Isabel dos Santos, die Tochter des angolanischen Präsidenten. Der steht unter Korruptionsverdacht.

Von Frederik Obermaier und Nicolas Richter, München

Im Zusammenhang mit fragwürdigen Angola-Geschäften der staatlichen KfW-Ipex-Bank hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt Ermittlungen eingeleitet. Ermittler des Bundeskriminalamts fuhren nach Informationen von SZ, NDR und WDR Anfang Mai mit einem Durchsuchungsbefehl bei der Tochterbank der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Frankfurt vor. Dem Vernehmen nach geht es dabei unter anderem um den Verdacht der Untreue zu Lasten der Bank.

Auf Anfrage bestätigte ein Sprecher der KfW-Ipex-Bank "Ermittlungen" in den Geschäftsräumen. Offenbar nahmen die Ermittler mehrere Aktenordner an Unterlagen mit, außerdem soll die Bank aufgefordert worden sein, weitere Unterlagen nachzuliefern. Zu Details wollte sich die Bank unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern. Nur so viel: Man kooperierte mit den Behörden. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt äußerte sich auf Anfrage bis zum Redaktionsschluss nicht zu den Vorgängen.

Im Fokus der Ermittler steht ein Darlehen der KfW-Ipex-Bank aus dem Jahr 2015, über das SZ, NDR und WDR im Januar 2020 im Rahmen des internationalen Rechercheprojekts "Luanda Leaks" erstmals berichtet haben. Die staatliche KfW-Ipex-Bank soll deutsche Exporte fördern. 2015 lieh sie deshalb rund 50 Millionen Euro an die staatseigene angolanische Bank Banco de Poupanca e Credito (BPC), die damit wiederum der Brauerei Sodiba ein Darlehen gewährte. Mit dem Geld sollten unter anderem Abfüllanlagen finanziert werden, die der oberpfälzische Maschinenbauer Krones AG an Sodiba lieferte. Hinter Sodiba aber steht: Isabel dos Santos, die Tochter das damaligen angolanischen Autokraten José Eduardo dos Santos. Seine Regentschaft stand schon damals im Ruch von Korruption.

Auch das Brauereiprojekt wurde überschattet von einem klassischen Interessenskonflikt: Dos Santos' Vater hatte es per Dekret genehmigt, eine ihm unterstehende Regierungsbehörde erklärte es prompt für strategisch bedeutend und sicherte umfangreiche Steuervorteile zu. Unklarheiten würden bei Bedarf vom Präsidenten persönlich ausgeräumt. Profitieren würde am Ende: seine Tochter, deren Vermögen auf mehr als zwei Milliarden Dollar geschätzt wird.

Das entsprechende Dekret war für jedermann im angolanischen Bundesanzeiger nachzulesen, das Magazin Forbes berichtete über mögliche Interessenkonflikte, und offenbar schrieb Isabel dos Santos persönlich an die KfW-Ipex-Bank. Den Zuständigen hätte also klar gewesen sein müssen, wem sie mit dem Millionendarlehen am Ende helfen würden: nicht etwa aufstrebenden Unternehmern in einem der ärmsten Ländern Afrikas, sondern ausgerechnet der Tochter des unter Korruptionsverdacht stehenden Präsidenten, der reichsten Frau Afrikas. Und trotzdem gab die Bank grünes Licht. Damit konfrontiert, erklärte die Bank später, sie habe nur ihre angolanische Partnerbank prüfen müssen. Nicht aber die Brauerei - oder deren Anteilseignerin Dos Santos, im Volksmund auch als "die Prinzessin" bekannt.

Gegen Isabel dos Santos ermittelt derweil die angolanische Justiz

Auch die Bundesregierung wies Kritik zunächst zurück: Auf Vetternwirtschaft angesprochen, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Christian Hirte, dass die Kreditvergabe auch "aus Sicht heute" in Ordnung gewesen sei. Kurz darauf ermahnte die Bundesregierung die Bank aber, Geschäftspartner künftig besser zu prüfen. "Wo notwendig", müsse die Bank auch über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen, das Finanz- sowie das Wirtschaftsministerium.

Über die nun eingeleiteten Ermittlungen haben die Ministerien, die für die Aufsicht der KfW-Ipex zuständig sind, den Bundestag nach eigenen Angaben bislang nicht informiert. Dafür habe es "keine Veranlassung" gegeben, erklärte das Wirtschaftsministerium.

Gegen Isabel dos Santos ermittelt derweil die angolanische Justiz. Das Vermögen der Unternehmerin wurde in Angola und Portugal eingefroren. Angolanische Ermittler werfen ihr vor, sich auf Staatskosten um mehr als eine Milliarde Dollar bereichert zu haben. Dos Santos selbst bestreitet jegliches Fehlverhalten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4926819
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.06.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.