Süddeutsche Zeitung

Korruption bei Siemens:Extra-Rechnung für Pierer

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Einige ehemalige Siemens- Vorstände sollen für angebliche persönliche Fehler zusätzlich zahlen.

Klaus Ott

In der nächsten Zeit dürfte es eine rege Korrespondenz zwischen früheren Vorständen von Siemens beziehungsweise ihren Anwälten und den heutigen Verantwortlichen des Industrieunternehmens geben. Die Ex-Manager können Einblick nehmen in die Prüfberichte, auf deren Grundlage der Aufsichtsrat von der alten Konzernspitze Schadenersatz für die Affären fordert, die Siemens schon jetzt viel Geld gekostet haben. Anschließend haben die ehemaligen Vorstände Gelegenheit zur Stellungnahme, bevor das Unternehmen vor Gericht geht.

Kollektiv zur Rechenschaft ziehen

Der Aufsichtsrat will das alte Top-Management für die Korruptionsaffäre kollektiv zur Rechenschaft ziehen. Darüber hinaus sollen einzelne Ex-Vorstände noch extra zahlen, für angebliche persönliche Fehler und Vergehen. Das gilt auch für den langjährigen Konzernchef Heinrich von Pierer. Ihm wird ein Vertrag angelastet, den Siemens mit einem Geschäftsmann aus dem Nahen Osten abgeschlossen hatte. 600000 Euro seien von 2001 bis 2006 als Honorar geflossen. Dafür habe es keine Rechtsgrundlage gegeben.

Für die Zahlungen ab 2003 könne Siemens bei Pierer Schadenersatz geltend machen, besagen die bisherigen Prüfergebnisse. Pierer habe bei den internen Ermittlungen von Siemens zugegeben, von dem Beratervertrag gewusst zu haben. Die Düsseldorfer Kanzlei Hengeler Mueller, die der Aufsichtsrat eingeschaltet hat, verweist auf Paragraf 93 Aktiengesetz. Darin steht, Vorstände hätten "die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden". Dieser Paragraf biete, so die Prüfer, Anhaltspunkte für eine Schadenersatzpflicht.

Noch viel schlimmer könnte es Uriel Sharef treffen, der im Vorstand unter anderem für Amerika zuständig war. Er soll eine fragwürdige Zahlung nach Argentinien über 4,7 Millionen Euro zu verantworten haben. Außerdem gebe es Hinweise, dass Sharef weitere Zahlungen über 9,6 Millionen Dollar nach Argentinien autorisiert habe, die nicht in Ordnung gewesen seien. Die Münchner Staatsanwaltschaft verdächtigt Sharef, in Korruptionsdelikte in Südamerika verwickelt zu sein. Sharefs Anwalt war nicht erreichbar. Pierer hat bereits erklärt, sich gegen die Vorwürfe zur Wehr zu setzen.

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SZ vom 01.08.2008/jkr/mel
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