Süddeutsche Zeitung

Entsorgung von Flugzeugen:Mit zehn Jahren schon auf dem Schrottplatz

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Immer mehr Flugzeuge werden in den USA zerlegt, bevor sie veraltet sind. Airlines geben ständig neue Maschinen in Auftrag. Die Hersteller freut das. Experten warnen allerdings vor einer Flugzeug-Blase, die bald platzen könnte.

Tim Zemanovic hat allen Grund zur Freude. "Dieses Jahr werden wir wahrscheinlich doppelt so viel Arbeit haben wie im vergangenen Jahr", sagte der Chef des Recycling-Unternehmens "Aircraft Demolition" aus Minnesota. Seit fünf Jahren gebe es seine Firma und nie sei es besser gelaufen. 2011 hätten er und seine Mitarbeiter 24 Flugzeuge verschrottet - und zwar zunehmend solche, die erst relativ kurze Zeit im Einsatz waren.

Gründe für den Verschrottungsboom sind Zemanovic zufolge, dass die Fluggesellschaften expandieren und ihren Bestand mit neuen, energieeffizienten Maschinen ergänzen.

Das Tempo, in dem die führenden Hersteller Boeing und Airbus neue Aufträge annehmen, ist enorm: In den nächsten Jahren werden sie ihre Produktion verglichen mit 2011 verdoppeln.

Besonders stark fragen Fluggesellschaften neue Modelle nach, die Treibstoff sparen. Airbus und Boeing entwickeln mittlerweile energieeffizientere Maschinen, die 15 Prozent weniger Sprit verbrauchen als ältere Modelle. Die ausgemusterten Flieger landen entsprechend schnell auf dem Schrottplatz, weil sie einfach zu teuer sind. "Die Preise für Treibstoff sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen und allen Vorhersagen zufolge werden sie hoch bleiben", sagte Tony Tyler, Leiter des Dachverbandes der größten Fluggesellschaften, IATA.

In Staaten wie China und Indien steigt die Nachfrage nach neuen Flugzeugen, weil der Flugverkehr stark zunimmt. Dort wächst die Bevölkerung, die zahlungskräftige Mittelschicht wird dank des Wirtschaftsbooms der Schwellenländer immer größer. Für die Flugzeughersteller bedeutet das goldene Geschäfte.

Doch dass die Produktion auf Hochtouren läuft, kann auch gefährlich werden, sagen Experten. Sie gehen davon aus, dass die Hersteller mehr Maschinen produzieren als später nachgefragt werden.

Dann könnte sich der Boom der Flugzeugproduktion als Blase herausstellen. Risiken wie erhöhte Energiepreise, Terroranschläge und Wirtschaftskrisen könnten die Expansion der Fluggesellschaften stoppen. In diesen Fällen dürfte ihr Bedarf an neuen Flugzeugen schnell zurückgehen und der Preis der Maschinen sinken. Die Hersteller würden auf den neuen Flugzeugen sitzen bleiben.

Randy Tinseth von Boeing sagt dazu: "Das letzte, was wir wollen ist, mehr Maschinen zu produzieren als der Markt braucht."

Einige Flugzeuggesellschaften überdenken bereits ihre Auftragspläne. So hat die US-amerikanische Southwest Airlines Anfang Mai Aufträge von 30 Boeing 737-Maschinen storniert, um Geld zu sparen. Die australische Fluggesellschaft Qantas verschob im gleichen Monat die Auslieferung zweier Airbus A380-Maschinen.

"Das Problem einer Blase ist, dass man sie erst erkennt, wenn sie platzt", sagte Adam Pilarski, Mitarbeiter bei Avitas, einer Beratungsfirma für Flugzeugunternehmen. "Dann wollen alle nur noch raus."

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Reuters/sana
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