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Energiekrise:Eon will über Weiterbetrieb von Isar 2 verhandeln

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Der Energiekonzern hat bislang nicht durchgerechnet, was eine längere Laufzeit bedeuten würde. Für Eon-Chef Birnbaum ist nun erstmal die Politik am Zug. Er verspricht derweil Versorgungssicherheit - und will auch "persönlich alles tun".

Von Caspar Busse

Erst seit April vergangenen Jahres ist Leonhard Birnbaum, 55, Vorstandvorsitzender des Energiekonzerns Eon. Seine knapp eineinhalb Jahre in dieser Spitzenposition waren bislang turbulent - und es wird sicher auch so bleiben. Er sei nun seit mehr als 25 Jahren in der Energiebranche, eine Situation wie jetzt habe er noch nicht erlebt, sagte Birnbaum an diesem Mittwoch. Es handele sich um eine "absolut einzigartige Energiekrise", und Birnbaum fügte an: "Unsere oberste Priorität ist, die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten". Es gehe darum, bezahlbare Energie für die Menschen in Europa zu sichern. Der Eon-Chef machte dann auch noch eine persönliche Ansage: "Ich verspreche hier, dass Eon und ich persönlich alles tun werden in dieser außerordentlichen Lage."

Die Lage ist in der Tat schwierig. Eon ist als einer der größten Energiekonzerne Europas getroffen von der Energiekrise. Auf der einen Seite steigen die Preise, Gas könnte bald knapp werden. Andererseits arbeitet Eon weiter an der Energiewende. Das, so Birnbaum, sei auch der einzige Weg, um die einseitige Abhängigkeit von Energielieferanten wie Russland zu reduzieren.

Der Konzern ist zu Gesprächen über das Atomkraftwerk Isar 2 bereit

Eon konzentriert sich bereits seit langem auf erneuerbare Energien und Netze, nicht mehr auf die konventionelle Energieerzeugung etwa mit Kohle oder Gas. Zum Konzern gehört aber immer noch (über die Tochter Preussenelektra) das Atomkraftwerk Isar 2 in Bayern. Dieses soll eigentlich im Dezember endgültig abgeschaltet werden. Angesichts der Energiekrise und der besonderen Probleme in Bayern wird nun aber über dessen Weiterbetrieb diskutiert wird.

Die Bundesregierung habe sich zu Beginn des Ukrainekrieges klar gegen eine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken in Deutschland ausgesprochen, sagte dazu Eon-Finanzvorstand Marc Spieker. "Sollte die Bundesregierung im Rahmen des laufenden Stresstests zu einer Neubewertung der Lage kommen, sind wir zu Gesprächen bereit", fügte er an. Birnbaum betonte, man habe keine konkreten Planungen und auch nicht durchgerechnet, was ein Weiterbetrieb wirtschaftlich bedeute. Bisher sei man von Stilllegung und Rückbau ausgegangen, andere Rahmenbedingungen kenne man nicht. Jetzt sei die Politik am Zug.

Forderungen aus der Politik, für die Energiebranche eine sogenannte Übergewinnsteuer einzuführen, sieht Birnbaum kritisch. Ein solches Ansinnen sei zwar "politisch nachvollziehbar", insbesondere, wenn man die Lage bei einigen großen Öl- und Gasunternehmen sehe. Diese hatten zuletzt sehr hohe Gewinne gemeldet. Doch eine pauschale Besteuerung aller Energieunternehmen sei falsch. "Wir haben mit den hohen Preisen und den starken Preisschwankungen nur Schwierigkeiten. Ich wehre mich gegen eine Pauschalisierung", betonte Birnbaum mit Blick auf mögliche Vorteile für seinen eigenen Konzern.

Im ersten Halbjahr 2022 haben die hohen Energiepreise den Gewinn von Eon sogar gedrückt. Das operative Ergebnis ging um 15 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro, unter dem Strich sank der Gewinn um ein Fünftel auf 1,4 Milliarden Euro. An der Prognose für das Gesamtjahr hält das Unternehmen fest. Eon ist mit 15,5 Prozent auch an der Gaspipeline Nord Stream 1 beteiligt, die wegen der reduzierten Liefermengen von Russland nach Deutschland seit Monaten für Schlagzeilen sorgt. Den Wert der Beteiligung schrieb der Versorger nun um rund 700 Millionen Euro ab, will aber an dem Engagement festhalten.

"Eon ist Teil der Zukunft", meinte der Vorstandschef weiter. 2022 seien trotz der Krise vier Milliarden Euro in die Energiewende investiert worden, schon jetzt seien 15 Prozent aller erneuerbaren Energien in Europa an Eon-Netze angeschlossen. Die Energienetze von Eon seien das Rückgrat der Energiewende. "Ohne uns kommt grüner Strom nicht bei den Kunden an", so Birnbaum. Gleichzeitig werde inzwischen eine hohe Nachfrage vor allem von privaten Haushalten nach Solaranlagen und Wärmepumpen registriert. Das alles zeige: Die Strategie des Konzern sei richtig.

Plädoyer für Gaseinsparungen

Über das Ausmaß weiterer Preiserhöhungen für Gas und Strom wollte Birnbaum am Mittwoch nicht spekulieren. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise habe der Konzern die Gaspreise um 40 Prozent erhöht, die Strompreise für private Haushalt seien um 17 Prozent gestiegen, was allerdings durch den Wegfall der EEG-Umlage kompensiert werde.

Eon unterstütze den Gasnotfallplan der EU und spreche sich für weitere Einsparungen aus. Wenn etwa jeder Haushalt in Deutschland 15 Prozent des Gasverbrauchs einspare, entspreche das dem privaten Gas-Bedarf Hessens. Auch die Hilfe der Bundesregierung für den Gasimporteur Uniper begrüßt der Konzern, weil damit "ein Dominoeffekt" vermieden werde. Uniper war bis 2016 Teil des Eon-Konzerns, ist seitdem aber unabhängig.

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