Süddeutsche Zeitung

Finanzen:Unklare Risiken

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In Spanien verkaufte die Deutsche Bank offenbar bis in die jüngste Vergangenheit komplexe Derivate, deren Risiken Kunden nicht verstanden haben. Nun muss das Geldhaus Millionen erstatten.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Verkaufen die Investmentbanker der Deutschen Bank womöglich ungeeignete Produkte? Solche Fragen sollten bei Deutschlands größtem Geldhaus eigentlich längst der Vergangenheit angehören. Nun aber hat sich das Institut mit einem spanischen Großkunden im Streit über angeblich falsche Finanzberatung auf eine Millionenzahlung geeinigt. Wie die "Financial Times" unter Berufung auf Insider berichtete, zahlt die Bank dem spanischen Weinhändler J. García-Carrión mehr als zehn Millionen Euro, um ihn für Verluste zu entschädigen, die durch Devisen-Derivate über einen Zeitraum von sechs Jahren entstanden seien. Auch mit anderen Kunden habe man sich privat geeinigt, um Gerichtsprozesse zu vermeiden. Die Einigung könnte auch für BNP Paribas oder Goldman Sachs Folgen haben, die dem Weinhändler ähnliche Produkte verkauft haben sollen. Die Deutsche Bank wollte sich zu dem Bericht nicht äußern.

Die Untersuchung ist auch deshalb so unangenehm für das Institut, weil die Geschäfte wohl bis 2019 und 2020 weiterliefen. Im Vorstand war in dieser Zeit Konzernchef Christian Sewing für das Investmentbanking verantwortlich, der den Bereich erst unlängst an einen anderen Vorstand abgegeben hat. Sewings Vorgänger John Cryan wollte das Spanien-Geschäft eigentlich verkaufen, wobei gute Umsatzzahlen sicherlich geholfen hätten. Die Bank fand jedoch keinen Käufer und legte den Plan wieder auf Eis.

Um Fehler bei der Beratung zu prüfen, hatte die Deutsche Bank vor einigen Monaten bei der Tochter in Spanien eine Untersuchung mit dem Projektnamen "Teal" eingeleitet. Nach SZ-Informationen hat die Bank die Kanzlei Herbert Smith Freehills mit der Untersuchung beauftragt, welche das Projekt inzwischen mehr oder weniger abgeschlossen hat. In der Folge hat sich die Bank von mehreren Mitarbeitern getrennt, zuletzt auch von der Chefin der internen Bad Bank und dem Leiter des Währungshandels, welche auf Führungsebene mit den Vorgängen zu tun hatten. Wie viel das Geldhaus insgesamt an Kunden zurückzahlen muss und ob zudem auch Strafen wegen Regelverstößen drohen, ist noch völlig unklar. Die Deutsche Bank erklärte, die Überprüfung betreffe eine begrenzte Anzahl von Kunden.

Neueren Richtlinien zufolge müssen die Banken bei ihren Kunden sorgfältig unterscheiden, ob diese die Risiken auch richtig einschätzen können. Offenbar hat die Deutsche Bank aber auch Kunden als Profi-Anleger eingestuft, die es gar nicht waren. Zum Verhängnis geworden waren diesen dann wohl starke Euro-Dollar-Schwankungen in den Jahren 2019 und 2020.

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