Arbeitsbedingungen in Bangladesch:Fabrikeinsturz zwingt H&M und Zara zu Zugeständnissen
Lesezeit: 2 Min.
Mehr als 1100 Menschen starben bei einem Fabrikeinsturz in Bangladesch, das Unglück setzt europäische Textil-Konzerne unter Druck. H&M und Zara wollen nun reagieren und sich für bessere Produktionsbedingungen einsetzen. Auch Dhaka sorgt sich plötzlich um die Arbeiter.
Europäische Modekonzerne ziehen Konsequenzen aus dem tödlichen Gebäudeeinsturz von Bangladesch und den folgenden Proteste über Sicherheitsstandards. Die beiden weltgrößten Bekleidungsriesen H&M und Inditex, der Mutterkonzern von Zara, wollen künftig mithelfen, Brandschutz- und andere Sicherheitsbedingungen in Fabriken zu verbessern, die für die zwei Unternehmen produzieren. Beim Einsturz einer Textilfabrik waren mehr als 1100 Menschen gestorben. Man wolle einer entsprechenden Vereinbarung zustimmen, teilte H&M mit. Ein Inditex-Sprecher bestätigte, dass der spanische Konzern ebenfalls dabei sein werde.
Die Internationale Arbeitsorganisation ILO, Gewerkschaften wie Industriall und andere haben das auf fünf Jahre angelegte Abkommen ausgehandelt, dessen finaler Entwurf am Mittwoch veröffentlicht werden soll. Ein Industriall-Sprecher forderte andere Einzelhändler wie Gap und Wal-Mart auf, sich ebenfalls anzuschließen. Die Vereinbarung beinhalte eine Stärkung der Arbeitsrechte, eine höhere Gebäudesicherheit mit mehr Brandschutz, bessere Ausbildung sowie finanzielle Unterstützung. Die PVH, Mutterkonzern von Tommy Hilfiger und Calvin Klein, und Tchibo haben bereits signalisiert, sich ebenfalls beteiligen zu wollen.
Das Abkommen kommt nach einer Serie von Unglücken in der Textilindustrie von Bangladesch, die die großen Bekleidungshersteller in Verruf brachte. Ihnen wird vorgeworfen, in dem südasiatischen Land billige Arbeitskräfte gefährlichen Arbeitsbedingungen auszusetzen. Die Katastrophen haben gezeigt, dass Unternehmer, die für die große Ketten produzieren, Sicherheitsstandards oft ignorieren.
Knapp drei Wochen nach dem schlimmsten Einsturz hat Bangladeschs Regierung die Rechte der Textilarbeiter zumindest auf dem Papier gestärkt. Sie dürften sich zukünftig in unabhängigen Gewerkschaften zusammenschließen und Lohnverhandlungen führen, erklärte ein Sprecher. Außerdem entschied die Regierung, den gesetzlichen Mindestlohn von Textilarbeitern anzuheben. Er beträgt derzeit etwa 30 Euro. Eine neue Summe wurde aber noch nicht festgelegt.
Hunderte Textilfabriken sollen für immer geschlossen werden
Die Behörden begannen am Montag damit, in fast 950 Fabriken im Land Sicherheitsstandards durchzusetzen. Eine Untersuchungskommission hatte die Arbeitsbedingungen dort als riskant eingestuft. 18 Fabriken wurden bereits geschlossen. In den fast 4000 Textilunternehmen in Bangladesch arbeiten mehr als 3,5 Millionen Menschen.
Von Dienstag an bleiben Hunderte Textilfabriken im Land auf unbestimmte Zeit geschlossen. Nach Angaben des Verbands der Textilhersteller und -exporteure sollen alle Fabriken im Industriegebiet Ashulia dichtmachen, das nahe des vor knapp drei Wochen eingestürzten Gebäudes liegt. In Ashulia hatte nach Polizeiangaben am Montag ein Großteil der Fabrikarbeiter ihre Arbeitsplätze verlassen, um zu protestieren. Sie forderten höhere Löhne und die Hinrichtung des Eigentümers des eingestürzten Rana-Plaza-Komplexes.
Bei dem Unglück nahe der Hauptstadt Dhaka waren 2438 Verletzte und 1127 Leichen geborgen worden. Die Suche nach Überlebenden und Toten unter den Trümmern des achtstöckigen Gebäudes wollen die Rettungskräfte am Dienstag einstellen. "Wir werden die Unglücksstelle formell morgen der Distriktverwaltung übergeben", sagte Oberst Sajal Shaykhuzzaman.
Die meisten Trümmer des Gebäudes in einem Vorort der Hauptstadt Dhaka seien beseitigt. Noch am Freitag hatten die Rettungskräfte eine Textilarbeiterin lebend gefunden. Sie erholt sich im Krankenhaus.
Das Unglück hat den Druck auf die Textilindustrie in dem südasiatischen Land verstärkt, internationale Arbeits- und Sicherheitsnormen besser einzuhalten. Die Textilindustrie ist der wichtigste Wirtschaftszweig in Bangladesch. In dem Niedriglohnland kommt es wegen des Mangels an Kontrollen immer wieder zu schweren Unfällen.