Süddeutsche Zeitung

Apple:"Hässlichkeit akzeptiere ich nicht"

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In den Achtzigern prägte Hartmut Esslinger die Designsprache von Apple. Heute rechnet er mit der Ideenlosigkeit des Konzerns und der westlichen Welt ab.

Interview von Caspar von Au

Vor knapp 40 Jahren waren die meisten Computer grau, riesengroß und hundertfach langsamer als Smartphones heute. Dann setzte sich Steve Jobs mit dem gebürtigen Schwarzwälder Hartmut Esslinger zusammen. Sie entwickelten gemeinsam Apples ersten tragbaren Computer, den "Apple IIc". Dafür erhielt Esslinger damals den Design-of-the-Year-Award des Time-Magazins.

Zwischen 2005 und 2007 haben er und seine Frau die Anteile an der gemeinsamen Firma "Frog Design" verkauft. Seitdem lehrt Esslinger, mittlerweile 74, unter anderem an der Fudan-Universität in Shanghai. Er selbst sieht sich als Botschafter für gutes Design in der Industrie, schreibt er auf seiner Website. Im Interview kritisiert er Apple scharf.

SZ: Seit Wochen kursieren Bilder und Videos im Netz, die mutmaßlich die neuen iPhones zeigen, die am Mittwochabend von Apple vorgestellt werden. Gefallen sie Ihnen?

Hartmut Esslinger: Na ja, es wird sich nicht viel ändern. Apple kann sich alles leisten, es muss nicht perfekt sein. Um kreativ zu sein, braucht es eine Krise. Niemand, der superreich ist, hat eine neue Idee.

Sie meinen, Apple ist träge geworden?

Unter anderem. Sie sind zu groß geworden. Die können gar nicht anders. Das ist bei anderen großen Unternehmen in den USA und in Deutschland nicht anders, alle sind zu satt. Es passiert nichts. Nur in China und in Israel, das von Krise zu Krise schlittert, passiert etwas. Der Rest der Welt schläft.

Wie sähe ein Smartphone aus, wenn Sie jetzt eines entworfen hätten?

Das ist doch vollkommen egal. Sie machen da an formalistischen Dingen rum. Es geht darum: Wie verbinde ich menschliche Belange mit Technik? Wie erfülle ich sie durch Technik? Steve hat nicht vorausgesehen, dass alle Menschen nur noch zwei Daumen und ein Auge haben. Die Leute schauen nur auf ihr Smartphone und fallen fast von der Treppe. Selbst Schlägereien auf dem Schulhof verlagern sich als Cybermobbing ins Netz. Jede neue Technik kommt mit Schmerzen und mit Problemen. Als Designer muss ich mich fragen: Wie schaffe ich, das Ganze menschlicher zu machen? Um ein Massenprodukt zu schaffen, muss man etwas tun, das neu ist. Es braucht aber auch eine vertraute Weise, damit umzugehen. Stattdessen kommt von vielen Unternehmen Abgelutschtes, das man immer weiter poliert. Das ist auch ein politisches Problem.

Inwiefern?

Trump hat gesagt, Apple solle seine Produktion nach Hause holen. Das ist Quatsch. Apple hat noch nie in Amerika produziert. Zu viele Amerikaner glauben, ein Recht zu haben, dass es ihnen auf Kosten anderer gut geht. Aber die "bösen Chinesen" sind fleissiger und innovationsgieriger. Sie haben die besten High-Tech-Fabriken und beherrschen die neuen industriellen Prozesse. Das zeigt die Idiotie von Trump und seiner Nazi-Basis.

Was für ein Smartphone nutzen Sie?

Ich habe ein iPhone, aber nicht das X. Mir gefällt der "Notch" nicht, der Zahn oder wie auch immer Sie die Aussparung am Bildschirm auf Deutsch nennen. Das ist einfach hässlich. Hässlichkeit akzeptiere ich nicht. Ich bin aber nach wie vor ein Apple-Fan, weil die Sachen so gut funktionieren. Das ist natürlich auch ein bisschen meine Family und es geht darum, dankbar zu sein. Daher hoffe ich, dass Apple etwas präsentiert, das ich mir dann wieder kaufen kann.

Andere kaufen sich jedes Jahr, oder spätestens nach zwei Jahren, ein neues iPhone. Wie können Smartphones nachhaltiger werden?

Das ist eine sinnlose Frage. Wir haben das Problem mit der Klimaerwärmung. Wir verbrauchen Milliarden Tonnen von Erdöl, verbrennen Müll, verschmutzen die Ozeane. Dazu noch der Dieselskandal. Das finde ich heuchlerisch. Smartphones sind das kleinste Problem. Einfacher wäre es, die Verpackung abzuschaffen, und Plastikflaschen, Strohhalme, Pappbecher. Es gibt zwanzig Probleme, die vor dem Smartphone dran sind. Wir müssen dort anfangen, wo es wirklich wichtig ist.

Was kommt nach dem Smartphone?

Ich arbeite daran.

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