Süddeutsche Zeitung

SSV Jahn Regensburg:Nebel, Rauch und böse Geister

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Der SSV Jahn bestimmt die Zweitrundenpartie im DFB-Pokal und unterliegt dem FC Hansa Rostock trotzdem unglücklich im Elfmeterschießen. An einem Abend, der den Protagonisten in Erinnerung bleiben dürfte.

Von Johannes Kirchmeier, Regensburg

Als die Dramatik dieses DFB-Pokalabends auf ihren Höhepunkt zuschritt und die Trainer dabei waren, ihre Elfmeterschützen auszuwählen, da konnte ein Großteil der Zuschauer im Stadion gar nicht mehr hinsehen. Das ist hier ausnahmsweise nicht nur aus Spannungsgründen gemeint, wie man vorschnell schließen könnte. Sondern vor allem aus den Gründen des schieren Imstande-Seins. Über den Rasen des Jahnstadions Regensburg hatte sich nämlich am Mittwoch um weit nach 23 Uhr zu den immer dichter werdenden Schwaden Donaunebels auch noch der Rauch von abgebrannten Feuerwerkskörpern aus dem Fanblock des FC Hansa Rostock gesellt. Gerade hatten die Anhänger das 3:3 in der Nachspielzeit der Verlängerung unerlaubterweise mit einer kleinen Zündelei gefeiert.

Im Nachhinein wirkt diese neblige Szenerie kurz vor dem Showdown mit etwas Rauch in der Luft wie eine dunkle Vorhut für das, was noch auf das Publikum des Fußball-Zweitligisten SSV Jahn Regensburg zukommen sollte. Nach dem 3:3 (0:1, 2:2) unterlagen die Regensburger 2:4 im Elfmeterschießen, das direkt vor ihren eingefleischten Fans auf der Hans-Jakob-Tribüne stattfand und übrigens wieder von allen Plätzen gut sichtbar verfolgt werden konnte. Aber irgendwie lag ja schon den ganzen Abend ein grauer Schleier über der Jahn-Leistung. "Wir haben schon ein paar Spiele unglücklich verloren, aber das war äußerst unglücklich", haderte der Trainer Mersad Selimbegovic nach dem Zweitrunden-Aus gegen den Ligakonkurrenten. "Alle Statistiken waren auf unserer Seite, aber es zählen Tore."

Am Ende waren es 31:14 Torschüsse, der Jahn hatte 65 Prozent Ballbesitz, insgesamt 18 Ecken und mehr als ein halbes Dutzend hochkarätigste Chancen. Doch effizienter waren die Gegner. War es der Donaunebel, der diesmal böse Geister beschwor? Schließlich zeichnet ja in dieser Saison eigentlich den Jahn selbst eine erstaunliche Effizienz aus, die den 14. der Vorsaison nach bislang elf Spieltagen auf Tabellenrang zwei in Liga zwei geführt hat.

"Danke für alles, Christian Keller", schreiben die Fans auf ihr Transparent an der Hans-Jakob-Tribüne

Im Pokal aber führte der Gast nach drei Chancen mit zwei Toren von Julian Riedel (9. Minute) und Streli Mamba (56.) gegen den Favoriten, der dann zwar zurückkam: Die Offensiven Sarpreet Singh (71.) und Joel Zwarts (90.+1) glichen aus, der Innenverteidiger Steve Breitkreuz (101.) köpfte nach einer Ecke gar das 3:2 in der Verlängerung. Aber im entscheidenden Moment kam Hansa durch Pascal Breier doch noch zum 3:3 (120.+1) - der eingewechselte Angreifer war in dieser Szene nur der erste von zwei freistehenden Rostockern im Jahn-Strafraum. Im Shootout scheiterten Andreas Albers am Pfosten und Leon Guwara an Markus Kolke, die Gäste trafen alle. "Wichtig war, dass wir Moral gezeigt haben, dass wir auch einen tiefen Gegner bespielt haben, dass wir zurückgekommen sind", fand Selimbegovic dennoch. "Jetzt gilt es, das Spiel abzuhaken und weiterzumachen."

Das hört sich leicht an. Wie man so schön sagt, war es einfach ein Oberpfälzer Abend zum Vergessen. Andererseits: Vergessen werden ihn die meisten Protagonisten nicht mehr, das liegt nicht nur am packenden Drehbuch der Partie. Es liegt auch daran, dass es der letzte Heimspielabend mit dem seit achteinhalb Jahren werkelnden Geschäftsführer Christian Keller war, dessen Vertrag am 31. Oktober ausläuft. Die Fans würdigten ihn mit einem Transparent, das verdeutlicht, welch Werk er in Regensburg hinterlässt: "Danke für alles, Christian Keller."

Es geht auf ihn zurück, dass der Jahn 2017 den Sprung zurück in die zweite Bundesliga schaffte - und seither trotz Mini-Etat Jahr für Jahr wieder den Klassenverbleib erreichte. In der vergangenen Saison stieß der Jahn zudem erstmals ins Pokal-Viertelfinale vor, nach drei Erfolgen in Elfmeterschießen. Nun brach dieser Nimbus.

Selimbegovic hat sich deshalb fest vorgenommen, Keller mit einem Sieg am Sonntag zu verabschieden, es steht die Partie beim Nachbarn und Tabellenletzten FC Ingolstadt 04 an. Der Vorteil: Das Spiel findet um 13.30 Uhr statt, trister Donaunebel ist nicht zu erwarten, es soll sogar die Sonne auf den Rasen scheinen.

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