Süddeutsche Zeitung

Champions League:Die Tücken des Pay-TV-Modells

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Karl-Heinz Rummenigges Forderung nach mehr Champions League im Free-TV klingt populistisch, folgt aber dem eigenen Interesse. Dabei gäbe es tatsächlich Lösungen, von denen alle profitieren.

Kommentar von Martin Schneider

Es kommt nicht häufig vor, dass der normale Fußball-Fan und Karl-Heinz Rummenigge das gleiche Interesse haben. Aber im Fall des Champions-League-Übertragungs-Chaos ist es nun so weit. Rummenigge findet das aktuelle Konstrukt offiziell nicht gut.

In einem Sport-Bild-Interview verlangt der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, dass die Champions League bald wieder im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sein müsse. Das klingt nach einer populistischen Forderung, aber Rummenigge argumentiert in dem Interview recht rational-egoistisch. Der Zuschauereinbruch sei ohne Free-TV so groß, dass die Sponsoren kein ausreichend großes Werbepublikum mehr erreichen würden, beklagt er. Damit beantwortet der mächtigste Vereinschef Deutschlands die Frage, ob das Experiment, seit dieser Saison die Champions League nur von den Pay-TV-Sendern Sky und DAZN übertragen zu lassen, in Deutschland funktioniert.

Antwort: offenbar nicht! Als Fan möchte man darauf sarkastisch sagen: Ach was? Immerhin braucht man derzeit zwei Abos für - je nach Modell - 35 bis 40 Euro im Monat, um die komplette Champions-League zu sehen. Im Fall von DAZN muss ein Kunde je nach Ausstattung auch noch den Laptop an den Fernseher anschließen, um von der Couch aus gucken zu können. Der normale Fan kann sich da durchaus gemolken vorkommen.

Die Rechnung ist ganz einfach

Der Sender Sky, der sich das neue Modell für die Champions-League ausgedacht hatte, indem die sogenannte Sublizenz an DAZN und nicht mehr an das ZDF vergeben wurde, hat darauf spekuliert, dass die deutschen Fans das mit sich machen lassen. Zwar verkündete Sky, die Gruppenphase der Champions League sei ein Erfolg gewesen, man habe die Reichweite um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert. Aber Rummenigge ist das offenbar nicht genug.

Der Bayern-Boss möchte am liebsten alles auf einmal: maximale Fernseheinnahmen - und ein breites Publikum für die Sponsoren. Er schielt dabei auf das ZDF, also auf Gebührengelder. Deren Verwendungszweck ist es aber nun wirklich nicht, am Ende des Tages in die Tasche der Bayern zu wandern. Das muss aber auch nicht so sein, denn die Rechnung ist ganz einfach: Wenn die für den Wettbewerb verantwortliche Uefa die Meinung Rummenigges teilt, eine zu kleine Gruppe an Pay-TV-Abonenten schade dem Produkt, dann muss sie dem Privat-Fernsehen ja nur ein Angebot machen.

Ein Sender wie RTL würde genau so viel für die Rechte zahlen, wie er durch Werbeerlöse einnehmen kann. Dann hätten alle was davon: der Fan, der Gebührenzahler, der Sponsor - und Rummenigge. Aber bis 2021 bleibt alles, wie es ist. Vielleicht überlegt sich der Fan bis dahin, ob er sich nicht doch noch melken lässt.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2019
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