Süddeutsche Zeitung

Sieg gegen Borussia Dortmund:Guardiola gehorcht den Bayern-Fans

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45 Minuten lang zeigt Borussia Dortmund, dass die Mannschaft zu den besten der Welt gehört. Dann übernimmt der FC Bayern - weil Trainer Pep Guardiola die entscheidenden Anweisungen gibt. Und auf Volkes Stimme hört.

Von Thomas Hummel

Pep Guardiola ist ein Charmeur. Nach einem mühsamen Sieg gegen den Tabellen-16. der Fußball-Bundesliga sagte er: "Großes Kompliment für die Mannschaft. Ich weiß, wie schwer es ist, gegen Dortmund zu gewinnen." Also bitte, Herr Guardiola! Hatten nicht schon Leverkusen, Mainz, Schalke, Hamburg und sogar Köln und Hannover gegen diese Borussia gewonnen? Das sollte doch für den überirdischen FC Bayern kein Problem sein.

Die Bundesliga erlebt eine bizarre Situation. Da verliert eine Mannschaft Spiel um Spiel und hört dennoch jedes Wochenende wieder, dass sie eine der besten der Welt ist. Immerhin hat sie diesmal 45 Minuten lang gezeigt, dass sie immer noch die besten Gegner der Welt in Bedrängnis bringen kann. Aber eben nur 45 Minuten lang.

Borussia Dortmund hat zum fünften Mal in Serie verloren, 1:2 in München. Kann am Sonntag sogar auf Platz 17 fallen. Und dennoch bot die Mannschaft am Samstagabend dem FC Bayern lange die Stirn. So sehr, dass Pep Guardiola seine Spieler in der Pause zur Ordnung rufen musste. "In der ersten Halbzeit waren wir spectators vom BVB", sagte der Spanier, "wir haben zugesehen, wie er gespielt hat."

Die Münchner mussten hinnehmen, dass der alte Rivale aus Dortmund ein altes Konzept anwandte: frühes Angreifen, Stören des Aufbauspiels, wie das in dieser Saison noch niemand wagte. Drei Spieler attackierten in vorderster Linie den bayerischen Spielaufbau, Shinji Kagawa verfolgte praktisch exklusiv die Passmaschine Xabi Alonso. Dahinter verhinderte Henrikh Mkhitaryan Zuspiele auf Philipp Lahm - das Münchner Spiel wollte nicht so recht anrollen.

So entwickelte sich ein hoch interessantes Rangeln und Balgen um Vorteile. Dortmund hielt mutig dagegen, kam nach einer guten halben Stunde zum 1:0 durch einen Kopfball von Marco Reus. Seit Wochen wird aus München darüber geredet, im Sommer den schnellen Angreifer kaufen zu wollen, nun schoss er in München das erste Tor. Um sich anschließend die Ohren zuzuhalten. Wohl als Zeichen, dass er von all dem nichts mehr hören wolle. Sprechen wollte Reus in München nicht.

Die Dortmunder kamen allerdings in Schwierigkeiten, wenn Arjen Robben Tempo aufnahm oder Thomas Müller seine Räume fand. Die beiden vergaben einige Chancen, Jérôme Boateng erklärte später: "Ich habe zu Philipp (Lahm) gesagt: Wenn wir das nicht gewinnen, dann weiß ich auch nicht." Hätten die Dortmunder nach der Pause so weiterspielen können wie zuvor, Boateng hätte sich vielleicht wundern müssen. Doch die Borussia konnte nicht.

Mats Hummels musste mit einer Verletzung am Sprunggelenk raus, er fällt rund drei Wochen aus. Damit stockte der Aufbau der Borussia erheblich. Dazu verfolgten die Gäste plötzlich nicht mehr das energische Pressing der ersten Halbzeit. "Wir haben die Marschroute verlassen, haben nicht mehr so gespielt, wie wir spielen wollten", sagte Trainer Jürgen Klopp. Der zunächst enorm starke Kagawa musste nach 71 Minuten entkräftet raus. Während die Münchner zulegten. Enorm zulegten.

Guardiola hatte seine Mannschaft angewiesen, die Abwehrreihe ein paar Meter nach vorne zu schieben und aggressiver in die Zweikämpfe zu gehen. Schon nach fünf Minuten habe jeder sehen können, dass die Mannschaft eine andere Einstellung zeige, erklärte der Trainer: "In der zweiten Halbzeit waren wir das, was wir sind." Dazu gehörte auch, dass Guardiola noch einen exquisiten frischen Mann bringen konnte: Franck Ribéry.

Weil die Kollegen das Tor einfach nicht treffen wollten, forderten die Fans den Franzosen vom Moment seines Aufwärmens an. Der charmante Herr Guardiola sagte später: "Ich habe Respekt vor den Zuschauern. Wenn sie was sagen, muss ich das auch tun." Er grinste dabei. Doch der Vorschlag der Zuschauer war ja auch nicht der schlechteste. Ribéry kam rein und leitete beide Aktionen zu den Toren ein.

Guardiola wies den Franzosen an, sich im Umkreis von Hummels Ersatz Neven Subotic aufzuhalten, "seine Qualitäten im Eins gegen Eins auszuspielen". Vor dem 1:1 von Robert Lewandowski überforderte Ribéry Subotic mit einem Pass in die Spitze, des Dortmunders Rettungstat landete direkt vor Lewandowskis Fuß. Nach 84 Minuten schoss Subotic unglücklich Ribéry an, im anschließenden Laufduell rangelten beide, doch Ribéry war der schnellere und fiel hin. Weil das im Strafraum stattfand, gab es Elfmeter. "Die Niederlage ist zum großen Teil auf meine Fehler zurückzuführen", gab Subotic später zu. Arjen Robben hatte den Strafstoß sicher zum 2:1 verwandelt.

Nun haben die Münchner also den Konkurrenten der vergangenen Jahre besiegt, haben ihn auf 17 Punkte distanziert. Doch es ist erst November und so geht es gleich weiter. Am Mittwoch kommt der AS Rom nach München. Ja, richtig, der AS Rom, der kürzlich eine 7:1-Abreibung erhielt. "Da können wir schon Gruppensieger werden, das wollen wir nutzen", sagte Guardiola. Einfach weitersiegen, immer weiter.

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