Süddeutsche Zeitung

Rouven Schröder bei RB:Da finden zwei doch noch zusammen

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Vier Monate nach seinem Aus bei Schalke steigt Rouven Schröder als Sportdirektor bei RB ein. Er geht damit einen ähnlichen Weg wie Max Eberl, mit dem er jetzt ein Manager-Duo bildet. Sein alter Verein verzichtet jedoch auf Loyalitätsdebatten.

Von Philipp Selldorf

Dass Rouven Schröder demnächst einen Job im Management von RB Leipzig antritt, ist jetzt kein allseits bekanntes Geheimnis mehr, sondern eine allgemein bekannt gemachte Tatsache. Schalke 04 erhält für die Personalie rund eine halbe Million Euro Entschädigung, weil Schröder, 47, vertraglich bis 2024 an den Tabellenletzten der Bundesliga gebunden war, von dem er sich im vorigen Herbst einigermaßen plötzlich losgesagt hatte. Die Gelsenkirchener hätten schon gern ein bisschen mehr Geld von RB verlangt, sie folgten aber der Vereinbarung, die sie mit ihrem leitenden Mitarbeiter bei dessen Ausstieg getroffen hatten. Im Stillen zählt Schalke zur Ablöse die stattliche Gehaltsersparnis hinzu, dann stimmt die Rechnung - bisher ist die Stelle nicht wiederbesetzt worden.

Ansonsten haben die Schalker das zunächst sehr herausfordernde Thema Schröder zum eigenen Erstaunen weitgehend gelassen abgehakt: Mit negativen Emotionen, wie sie jüngst in Mönchengladbach beim umständehalber artverwandten Wechsel von Manager Max Eberl nach Leipzig aufkamen, möchte man keine Kraft vergeuden. Schröder hatte seine Verdienste und seinen Anteil am Schalker Aufstieg, er soll daher seinen Platz in der Ahnengalerie behalten, wenngleich in der Abteilung "schnell & vergänglich". Er war halt "doch nur irgendein Sportdirektor", wie die WAZ hochachtungslos schrieb.

In ein paar Wochen fängt Schröder somit als Sportdirektor an der Seite des RB-Geschäftsführers Eberl an, der ihn einst schon nach Mönchengladbach hatte holen wollen. Und nach Eberls Abschied dort im Januar 2022 hatte die Borussia versucht, Schröder für die Nachfolge zu gewinnen. Die Schalker, damals mitten im Aufstiegskampf der zweiten Liga steckend, ließen ihn jedoch nicht gehen. Nun finden die zwei, die sich persönlich schon länger sehr schätzen, aber doch noch zusammen - nicht im fernen Westen, sondern im fernen Osten des Landes. Und man darf mit Blick auf das Konzernprojekt RB feststellen, dass sich die beiden nicht nur geografisch am Rand der Fußballrepublik niederlassen.

Dem Traditionsklub-Fußball, den sie inbrünstig vertreten haben, kehren beide bewusst den Rücken

Zwar bekommt das RB-Management durch Eberl und Schröder ein Aussehen, das Assoziationen weckt zu einem Fußball aus Zeiten, in denen man Steakhäuser kannte, aber keine Stakeholder. Beide waren Verteidiger aus der alten Sportschule des späten zwanzigsten Jahrhunderts, mit Stationen beim VfL Bochum, MSV Duisburg und der Bökelberg-Borussia. Doch nun haben Eberl und Schröder dem alten respektive dem Traditionsklub-Fußball, den sie zuletzt auch als Manager in ihren Klubs ausdrücklich und mitunter inbrünstig vertreten hatten, offenbar bewusst den Rücken gekehrt - und ihn gegen eine Variante eingetauscht, die im Publikum Gegensätze provoziert: Aufgeschlossene Leute nennen sie modern und zeitgemäß, traditionell orientierte Fans, wie zum Beispiel die in Gladbach und Gelsenkirchen, halten sie von Natur aus für nichtssagend.

Während in Mönchengladbach wegen der Umstände von Trennung und Verabschiedung an der Glaubwürdigkeit des langjährigen Managers Eberl gezweifelt wurde und die Erregung auf allen Seiten enorm war, die einen quasi von Verrat sprachen und der Betroffene von tiefer menschlicher Enttäuschung, kommt Rouven Schröder relativ unbehelligt davon. Auch in seinem Fall kamen bald nach der Mitteilung, "aus persönlichen Gründen" die Arbeit auf Schalke niederlegen zu müssen, Meldungen über eine Verbindung zu RB Leipzig auf. Die Schalker Verantwortlichen jedoch verzichten jetzt darauf, sich über große Themen wie Loyalität und Integrität Gedanken zu machen. Sie nehmen es als ein Stück aus dem Fußballgeschäft.

So musste auch die Frage nach Gesundheit und der Verträglichkeit des Berufs, die im Fall des vom widrigen Tagesgeschäft erschöpften Eberl zu schwierigen Diskussionen geführt hatte, nicht erörtert werden. Schröder hatte im Stress des Schalker Neuanfangs unübersehbar Probleme bekommen. Nach dem Aufstieg hatte er noch den Eindruck gemacht, als habe ihn der Geist der Gründungsväter von 1904 berührt, was ihn davon reden ließ, in Gelsenkirchen eine "Lebensaufgabe" gefunden zu haben.

Im Herbst erlebten ihn die Leute dann ausgelaugt, gereizt, unbeherrscht. Angefangen hatte die Entfremdung mit den distanzierten Reaktionen im Verein auf die Verpflichtung Frank Kramers als Cheftrainer - rückblickend dürfte sich Schröder wohl kaum noch über die Vorbehalte beschweren. Die Trainerwahl war im Sommer seine wichtigste Aufgabe - und sein folgenschwerster Fehlgriff.

Für RB Leipzig haben sich die Dinge dennoch vielversprechend gefügt. Das Unternehmen verfügt jetzt über zwei kompetente Fußballmanager, die sich sympathisch sind und vermutlich gut kooperieren werden. Für Eberl und Schröder sind die Arbeitsbedingungen, was Mediendruck und Finanzen angeht, deutlich günstiger als vorher. Auf den ganz besonderen Beifall, den sie zuvor in ihren nicht weniger besonderen Klubs genossen und auch gebraucht haben, werden die beiden aber wohl verzichten müssen.

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