Süddeutsche Zeitung

Rune und Ruud bei den French Open:Tennis-Zoff unter Skandinaviern

Lesezeit: 2 min

Casper Ruud setzt sich sportlich gegen den jungen Holger Rune durch und erreicht sein erstes Grand-Slam-Halbfinale. Zu einer Posse entwickelt sich ein Streit zwischen den beiden nach der Viertelfinal-Partie.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Casper Ruud und Holge Rune sind zwei sehr sympathische junge Männer. Der 23 Jahre alte Norweger schaut jeden direkt an, wenn er zum Beispiel Fragen beantwortet. Man kann ihn alles Mögliche fragen, er ist immer freundlich. Der 19 Jahre alte Däne, noch ein frisches Gesicht auf der Tennistour der Männer, aber bereits die Nummer 40 der Weltrangliste, spricht so schnell, wie er sich auf dem Platz bewegt.

Er lächelt viel, vor allem wenn eine Partie gut läuft oder wenigstens offen ist. Er hat zweifellos Charisma. Läuft es nicht, das wissen jetzt aber die Zuschauer, die am Mittwochabend das Duell der beiden auf dem Court Philippe Chatrier verfolgt haben, verwandelt sich Holger Rune. Er wird dann, in dieser letzten "Night Session" der French Open war das so, ein bisschen biestig. Oder vielleicht sogar sehr biestig.

Sportlich hatte sich Ruud mit 6:1, 4:6, 7:6 (2), 6:3 durchgesetzt und erstmals das Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers erreicht; er trifft am Freitag auf den früheren US-Open-Sieger Marin Cilic aus Kroatien. Aber auch nach ihrem Viertelfinale lief das Duell zwischen den beiden Skandinaviern weiter.

Zuerst sah es in weiten Phasen des Matches so aus, als stehe das Viertelfinale der beiden auch unter dem Motto "Rune gegen den Rest der Welt". Früh schon fing er zu motzen an, haderte nach fast jedem verlorenen Ballwechsel mit sich, aber nicht nur. Er schaute wieder und wieder zu seiner Box hoch, wo sein Clan saß, Mutter Aneke, Trainer Lars Christensen, Schwester Alma, die als Model arbeitet und in die sich offenbar jener Kameramann verliebt hat, der für die Aufnahmen auf der Videoleinwand zuständig war. Alma war auch oft im Bild.

Im dritten Satz pöbelte Rune wieder zu den Sitzplätzen seines Anhangs hoch, woraufhin die Mutter aus dem Stadion ging und sich Zeit ließ zurückzukehren. "Geh, geh, geh", soll Rune ihr zugerufen haben. Doch Rune versicherte später im Fernsehen, er habe Aneke, die eine wichtige Rolle in seiner Karriere als Mentorin einnimmt, nicht rausgeschickt. Auf Instagram gestand Rune ein, er benötige "mehr emotionale Kontrolle", er wisse das, "ich werde mich bessern". Doch damit war nicht alles ausgeräumt.

In der Umkleidekabine soll Ruud, so zitiert die dänische Boulevardzeitung Extra Bladet wiederum Holger Rune, sich vor Rune aufgebaut und ihn provoziert haben. "Sein Team war eigentlich sehr nett, aber dann kommt er direkt zu mir und schreit mir ,JAAA!' ins Gesicht", soll Rune übermittelt haben. Eigentlich eine Lappalie, aber sie reichte, um eine Spirale weiterer Klagen in Gang zu setzen.

Christian Ruud, der Vater von Casper und früher auch ein guter Tennisprofi, sagte der norwegischen Ausgabe des Senders Eurosport: "Das ist einfach eine Lüge von Holger." Nun sah sich Aneke bemüßigt, das so nicht stehen zu lassen. Ruuds Vater sei doch gar nicht dabei gewesen, nur Ruuds Physio, stellte sie klar. "So ein Verhalten haben wir auf der ATP Tour noch nie erlebt", sagte sie zudem laut verschiedenen Medien. Sie meinte Casper Ruud.

Der Weltranglisten-Achte meldete sich letztlich zu Wort und sagte, Holger Rune hätte auch während des Matches immer wieder zu ihm gesprochen, was im Tennis eher verpönt ist. Er riet dem Teenager aus Kopenhagen, "erwachsen zu werden". So endete der Zoff unter diesen zwei Skandinaviern, die ansonsten wirklich sympathisch sind. Verlieren übrigens, erzählte Aneke Rune an anderer Stelle einmal, konnte der Sohn schon als Junior nicht so gut. Er sei sehr ehrgeizig.

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