Süddeutsche Zeitung

Uiguren:Mesut Özil hat schon recht

Der Fußballer wird politisch und kritisiert China wegen der Uiguren-Politik. Von seinem Ziehvater Erdoğan dürfte er das freilich nicht haben.

Kommentar von Christiane Schlötzer, Istanbul

Politik, hat Mesut Özil vor einiger Zeit gesagt, sei nicht sein Ding. Gehalten hat sich Özil an diesen Vorsatz schon ein paar Mal nicht, wobei er jedes Mal als Bewunderer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan auffiel. Der tröstete den dafür ins Abseits gestellten ehemaligen deutschen Nationalspieler mit blumigen Worten: "Ich küsse seine Augen."

Nun sieht es wieder so aus, als sei Özil der türkische Teil seines Herzens durchgegangen, indem er auf das Schicksal der muslimischen Uiguren in China aufmerksam macht. Deren Unterdrückung durch Peking wurde erst jüngst durch geheime Dokumente aus der Kommunistischen Partei bestätigt, über die auch die SZ berichtet hat.

Muslimische Solidarität mit den Uiguren gibt es nicht

Hat Özil also nur Zeitung gelesen, oder hat dem Unpolitischen jemand gesagt, er müsse mal wieder auf sich aufmerksam machen?

Wer auch immer Özil zu seiner auf Türkisch verfassten Hymne auf die "Brüder in Ostturkestan" motiviert hat, von Erdoğan dürfte er dafür kein Lob ernten. Ankara ist sehr leise geworden, wenn es um Kritik an Peking geht. Erdoğan will, dass sein Land Teil der neuen chinesischen Seidenstraße wird.

Uiguren, die sich in Istanbul lange sicher fühlten, fürchten nun Deportationen. Özil hat schon recht, muslimische Solidarität mit den Uiguren gibt es nicht.

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Quelle:
SZ vom 16.12.2019
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