Süddeutsche Zeitung

Nationalteam:Gute Mischung

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Das deutsche Fußballnationalteam der Frauen gewinnt den Klassiker gegen Norwegen 3:1. Wie schon gegen Australien geht die Integration der jungen Spielerinnen auf.

Von Anna Dreher, Wiesbaden/München

Über die rechte Seite kam Jule Brand angerannt, die Außenbahn entlang, nicht aufzuhalten. Sie blickte kurz nach oben, dann verließ der Ball ihren Fuß mit viel Geschwindigkeit auf die andere Seite. Und noch bevor die Norwegerinnen realisieren konnten, was da gerade passierte, sahen sie den Ball im Netz zappeln. Paulina Krumbiegel hatte unbewacht von links abschließen können, zu ihrem zweiten Tor im vierten Länderspiel. Und so war erneut aufgegangen, was sich vor wenigen Tagen schon gezeigt hatte: Die erfolgreiche Integration von jungen Fußballerinnen ins deutsche Nationalteam der Frauen. Auf das 5:2 gegen Australien am Samstag folgte am Mittwoch ein 3:1 (2:1)-Sieg gegen Norwegen. Zwei Länderspiele, die beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) für viel Zuversicht hinsichtlich der Europameisterschaft 2022 gesorgt haben dürften.

"Wir versuchen, uns permanent weiterzuentwickeln", sagte Martina Voss-Tecklenburg, die trotz der erneut guten Leistung nicht ganz zufrieden war: "Wir haben in diesem Spiel auch gezeigt, dass es uns an Präzision fehlt, wenn der Gegner etwas höher steht, und wir uns noch festigen müssen unter Druck. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir ein paar Junge reingeworfen haben gegen einen physisch fordernden Gegner."

"Wie sie sich reingefuchst haben, war herausragend", sagt Kapitänin Popp

Im Vorfeld hatte die Bundestrainerin "die eine oder andere Überraschung in der ersten Elf" angekündigt - die blieb dann aber zumindest im Vergleich zur Partie gegen Australien aus. Am Samstag hatte Voss-Tecklenburg unerwartet insgesamt neun Spielerinnen, die damit gerade erst auf fünf oder weniger Länderspiele gekommen waren, eingesetzt. Auch, weil nach dem positiven Corona-Test von Felicitas Rauch (der sich mittlerweile als nicht positiv herausgestellt hat) auch Lena Oberdorf, Sara Doorsoun und Svenja Huth als Kontaktpersonen der Kategorie 1 isoliert werden mussten. Nun tauschte Voss-Tecklenburg ihr Personal erneut: Im Tor begann wie geplant bei ihrem zweiten DFB-Einsatz Ann-Katrin Berger (Chelsea), vor die unveränderte Viererkette rückte Kapitänin Alexandra Popp (VfL Wolfsburg) ins Zentrum, in der Offensive durften Linda Dallmann (FC Bayern) und Laura Freigang (Frankfurt) beginnen.

Die Mischung blieb die gleiche: die junge Generation sollte sich erneut beweisen, angeleitet von einer Reihe von Routiniers. Das ging auf - und gab Lob für die Talente. "Wie sie sich reingefuchst haben, war herausragend. Das zeigt, dass wir eine gute Förderung, einen guten Nachwuchs haben und uns keine Sorgen machen müssen", sagte Popp im ZDF. "Wir sind auf einem sehr guten Weg und haben uns sehr gut entwickelt."

Die lange Vorbereitungszeit auf die EM soll genutzt werden, um den idealen Kader zusammenzustellen und so stehen auch die bis dahin absolvierten Tests unter diesem Motto. Während das frisch zusammengestellte deutsche Team gegen Australien mit großer Ruhe in der Defensive und guten Aktionen in der Offensive überraschte, galt es nun, die selbst geschürten Erwartungen gegen die physisch starken Norwegerinnen zu erfüllen. Jene Nation, gegen die die Deutschen 41 Mal und damit so oft wie gegen keine andere angetreten sind.

Voss-Tecklenburg musste zunächst zusehen, wie ihre Spielerinnen überrumpelt wurden. Die Gäste setzten ihr Team früh unter Druck. Guro Reiten konnte nicht mehr gestoppt werden, sie traf mit dem Außenrist vorbei an Berger zum 1:0. Vier Minuten waren da gerade erst gespielt - und der Blick von Voss-Tecklenburg verfinsterte sich. Wieder vier Minuten später aber hellte sich ihre Miene auf: Nach einer Ecke drosch die lauernde Freigang einen Abpraller unhaltbar ins Tor zum Ausgleich, ihrem siebten im sechsten Länderspiel.

Beim nächsten Treffer schob Freigang, als hätte sie Augen an ihrem Hinterkopf, den Ball mit der Hacke zu Tabea Waßmuth. Und die wiederum sah Dallmann in aussichtsreicher Position. Scharfer Pass, scharfer Schuss - 2:1 (17. Minute). Die Skandinavierinnen versuchten nun umso mehr, das Zentrum dicht zu machen und den Deutschen kaum Entfaltungsmöglichkeiten zu geben, was auch klappte. Nach der Pause verschob Voss-Tecklenburg die Gewichtung ihrer Mischung noch mehr in Richtung Zukunft: Jule Brand, die gegen Australien wenige Minuten nach ihrer Einwechslung ein Tor geschossen und eine Torvorlage gegeben hatte, kam für Kathrin Hendrich. Dieses Mal spielte die 18-Jährige also als Außenverteidigerin statt in der Offensive. Einen Unterschied machte das nicht - wie schon vor wenigen Tagen zahlte sich die Einwechslung bestens aus.

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