Süddeutsche Zeitung

LeBron James in den NBA-Playoffs:Ein Übermenschlicher im Team ist zu wenig

Lesezeit: 2 min

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Natürlich werden sie LeBron James irgendwann einmal eine Statue bauen in Cleveland, so wie Magic Johnson eine in Los Angeles hat und Michael Jordan eine in Chicago. Sie werden James als Superhelden darstellen vor der Arena im Stadtzentrum. Wie Herkules vielleicht - schließlich wird James irgendwann mit den Cavaliers die Meisterschaft gewinnen und damit die Durststrecke dieser Stadt beenden, mehr als 50 Jahre lang keinen Titel in einer bedeutenden Sportart gewonnen zu haben.

Dass es in dieser Saison nicht geklappt hat, dass die Golden State Warriors am Dienstagabend das sechste Spiel der NBA-Finalserie mit 105:97 in Cleveland gewonnen haben, das lag nun wahrlich nicht an James. Sondern vielmehr an der Tatsache, dass Basketball tatsächlich eine Mannschaftssportart ist.

Die Warriors waren ganz einfach das bessere Team - und sie hatten dennoch gewaltige Schwierigkeiten gegen die Cavaliers, die durch Verletzungen prägender Spieler wie Kyrie Irving und Kevin Love geschwächt waren. Warum? "Weil ich der beste Spieler der Welt bin", hatte James vor der Partie gesagt: "So einfach ist das."

James, 30, wirkte in dieser Finalserie tatsächlich ein bisschen wie Herkules, der die Kollegen auf seinen breiten Schulter trug. Die Gegner zerrten an seinem Trikot und seiner Hose, bisweilen auch an seinem mächtigen Körper, dennoch hielt James pro Partie beinahe 46 Minuten durch und schaffte dabei durchschnittlich 35,8 Punkte, 13,3 Rebounds und 8,8 Zuspiele. Es war eine beeindruckende Saison und noch beeindruckendere Playoffs von James. Nichts weniger hatte er den Bewohnern von Cleveland nach seiner vier Jahre dauernden Pilgerreise ins sonnige Florida und zwei Meisterschaften mit Miami Heat versprochen.

James maß dem Wechsel zurück nach Cleveland eine gesellschaftliche Bedeutung bei, es gibt Statistiken, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Region bei mehr als 450 Millionen Dollar pro Jahr liegen. Cleveland braucht LeBron James. So einfach ist das.

Die Stadt im Bundesstaat Ohio gilt als Synonym für Langeweile. Im Jahr 1989 gab es den Film "Die Indianer von Cleveland" mit Tom Berenger und Charlie Sheen, der sich über den Baseballverein Cleveland Indians amüsierte.

Damals, vor 26 Jahren, da war das noch lustig - mittlerweile kommt die Erfolglosigkeit der Sportvereine in dieser Stadt eher tragisch daher. Es gibt keinen NHL-Klub, die Cavaliers haben noch nie den Titel gewonnen, der Baseball-Klub Indians zuletzt im Jahr 1948. Die Browns (Football) waren zuletzt im Jahr 1964 Meister, schlimmer noch: Im Jahr 1996 zog der Verein um, nannte sich fortan Baltimore Ravens und gewann 2000 und 2012 die Meisterschaft. Die Browns wurden 1999 wieder in Cleveland eingeführt, sie haben seitdem nur ein Mal (2002) überhaupt die Playoffs erreicht.

James führte die Cavaliers nun trotz aller Widrigkeiten ins Finale. Er hat die Serie gewiss nicht verloren, er hat sie aber auch nicht gewinnen können. Er hat jedoch mit seiner Leistung ein bedeutsames Signal an alle Akteure in dieser Liga gesendet vor dieser höchst interessanten Sommerpause für die Cavaliers: Kevin Love und J.R. Smith können sich zu sogenannten Free Agents erklären - auch Tristan Thompson und Iman Shumpert können die Angebote des Vereins ablehnen und wechseln.

Das bedeutet wenig Sicherheit für die Cleveland Cavaliers, jedoch viel Spielraum. Sie können sich nun nach talentierten Mitspielern für James umsehen, dessen unmissverständliche Botschaft an mögliche Kollegen ist: Wer beim gleichen Verein wie LeBron James spielt, der hat immer die Chance, den Titel zu gewinnen. Das sollte dann doch genügend talentierte Akteure anlocken, so dass es in den kommenden Jahren klappt mit dem Titel. Und mit der Statue vor der Arena in Downtown Cleveland.

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