Süddeutsche Zeitung

Jubilar Lukas Podolski:Reden ist wie Schach, nur ohne Würfel

Lesezeit: 2 min

Ein eigenes Tor konnte Lukas Podolski bei der EM noch nicht bejubeln, dafür begeht er am Sonntag gegen Dänemark voraussichtlich sein 100. Länderspiel. In seiner fiktiven Festrede, die der SZ exklusiv vorliegt, kölnert Podolski über das laue DFB-Konto von Felix Magath - und versucht, Jérôme Boateng Manieren beizubringen.

Christof Kneer und Boris Herrmann

Beim Deutschen Fußball-Bund ist es guter Brauch geworden, dass ein Nationalspieler, der sein 100. Länderspiel bestreitet, eine Rede hält. Bislang sprachen angeblich schon die Jubilare Franz Beckenbauer, Lothar Matthäus, Jürgen Kohler, Jürgen Klinsmann, Thomas Häßler und Ulf Kirsten zur Mannschaft. Die Rede zum 100. Länderspiel von Miroslav Klose wurde während der WM in Südafrika vergessen. Am Wochenende ist nun Lukas Podolski dran. Ort: Das Mannschaftshotel "Dwor Oliwski", der Olivenhof, nahe Danzig. Der Ablauf der Zeremonie unterliegt beim DFB strikter Geheimhaltung, über gute Kontakte zum Bundeskanzleramt kam die SZ dennoch an einen Mitschnitt der Podolski-Rede, die im folgenden in voller Länge dokumentiert wird.

Liebe Mitspieler, verehrter Herr Niersbach, lieber Herr Flick, lieber Jogi, lieber Harald, liebe Anschela,

isch geb eusch nur 'ne kurze Rede. Dann müsst ihr nich so viel zuhören. Vor dem Tor denk isch nich. Das mach ich nie. Aber isch denk natürlich vor 'ner Rede. Hat fünf Minuten gedauert. Hört man auch.

Fußballreden sind einfach: Rein das Ding, oder runterrattern das Ding - und ab nach Hause. Isch mach den Ball rein und Ende. So is Fußball. Ey Boateng, zuhören! Kopfhörer runter!

Okay, jetzt die Rede: Ein berühmter Fußballer aus Köln-Bergheim hat mal gesagt, reden ist wie Schach, nur ohne Würfel.

(Zwischenruf: Wer war das denn?)

Halt die Klappe, Schweini!

(Zwischenruf mit hoher Stimme: Das war doch eine gute Frage von Herrn Schweinsteiger!)

Tschuldigung, Anschela. Wo war isch stehen geblieben? Hat jemand die Zeit gestoppt? Isch hab keine Uhr. Isch hab nur Handy. Aber isch hab jetzt schon mehr gesprochen als Felix Magath in der ganzen Saison. Isch hab im Internet nachgeschaut. Magath wird bald 60. Ja und? Hat trotzdem nur 43 Länderspiele. Ich bin noch nicht mal 43 und hab schon 100. So ist Fußball. Manchmal spielt der Bessere.

(Zwischenruf: Dann hast Du jetzt ja auch zwei Länderspiele mehr als unser Ex-Kapitän Ballack!)

Halt die Klappe, Lahm!

(Kein Zwischenruf)

Tschuldigung, Anschela. Kennt Ihr eigentlich das Geheimnis meines Erfolgs? Isch sprech Deutsch, Englisch, Kölsch und Wasserpolnisch. Damit kommt man überall dursch. Auch beim Jogi seiner Nationalmannschaft. Außerdem spielt man Fußball ja nicht wegen der Sprache. Sondern weil es einen Ball gibt. Okay, isch hab hier bei der Öro in Polen noch nisch meine Topleistung abgerufen.

(Zwischenruf: Der Schweini aber auch nicht!)

Halt die Klappe, Wiese! Aber nochmal zur Rede: Isch werd Köln echt vermissen. Dom, Rhein, Rhein, Dom. Aber isch wechsel jetzt ja nach El Arsenal. Da ist das Wetter besser. Aber vorher holen wir hier erst 'nen Titel, Männer! Wir müssen alle Topleistung abrufen und die Köpfe hochkrempeln . . .

(Zwischenruf: Müsste das nicht die Ärmel hochkrempeln heißen?)

Danke, Frau Kanzlerin. So, Männer, die nächste Saftschorle geht auf mich. Auf den Titel! Und dat der FC wieder aufsteigt, der Blinde.

(Langer Applaus, Merkel überreicht einen London-Reiseführer, Boateng setzt den Kopfhörer auf.)

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Quelle:
SZ vom 16.06.2012
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