Süddeutsche Zeitung

FC Bayern in der Champions League:Murmeltiertage für Nagelsmann

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Vor dem Spiel bei Benfica muss der Trainer erneut Fragen zu den Auswirkungen einer möglichen Haftstrafe von Lucas Hernández beantworten - dem läuft in der Causa so langsam die Zeit davon. Die Bayern plagt aber nicht nur die Unsicherheit um den Franzosen.

Von Jonas Beckenkamp

Ein paar Sprüche hatte Julian Nagelsmann auch diesmal wieder parat. Der Bayern-Coach erzählt gerne von seinem Job, der ihm verlässlich interessante Begegnungen beschert. An diesem Mittwoch zum Beispiel bekommt er das Vergnügen, den Trainer von Benfica Lissabon zu treffen. Jesus Jorge heißt der Mann, 67 Jahre alt, ein Original der Zunft, einer "mit Pfeffer im Hintern", wie Nagelsmann vor dem Duell in der Champions League verriet.

"Er lebt diesen Beruf, das merkt man daran, wie er an der Seitenlinie mitgeht", sagte der Bayern-Trainer. Und er lieferte gleich eine kleine Taktikanalyse mit. Eine Elf, die "spielerische Lösungen" suche, sei der Tabellenführer der Primeira Liga, "sie wollen Fußball spielen". Das klang respektvoll und wohl informiert. Gleichzeitig ist Nagelsmann keiner, der sich große Sorgen macht.

Sportlich läuft es prächtig bei den Bayern, das 5:1 in Leverkusen wirkt als Statement noch nach. Und so bleibt als einzige Unwägbarkeit die Situation um Lucas Hernández, dem in Spanien in etwas mehr als einer Woche eine Gefängnisstrafe wegen häuslicher Gewalt und einem missachteten Urteilsspruch bezüglich einer Kontaktsperre zu seiner Lebensgefährtin droht. In Lissabon ist der Verteidiger dabei, aber ob er in den kommenden Wochen seiner Arbeit nachgehen kann, ist ungewiss.

Pikant ist die Lage, weil das Spiel in Lissabon eines der letzten für Lucas Hernández sein könnte, ehe er in Haft soll

Die Fragen an die Bayern sind in der Sache seit Tagen dieselben - auch die Antworten ähneln sich wie bei dem Film "Und täglich grüßt das Murmeltier". Natürlich würde er "mit Lucas sprechen, wenn ich Auffälligkeiten feststelle, doch er kann die Situation sehr gut einschätzen", betonte Nagelsmann, "es sind seine persönlichen Themen, aber er kann auf dem Platz Vollgas geben und wird morgen ein gutes Spiel machen." Am Vormittag wirkte der Franzose beim Abschlusstraining quietschfidel, er scherzte mit den Kollegen und blickt einem Startelf-Einsatz entgegen.

Weil Alphonso Davies verletzt und Leon Goretzka erkältet in München bleiben, ist Hernández im Estádio da Luz als Linksverteidiger eingeplant. Pikant ist die Lage, weil das Spiel in Lissabon eines seiner letzten sein könnte, ehe er am 28. Oktober in Haft soll. Ihm läuft die Zeit davon, dem Entscheid durch eine Berufung zu entgehen.

Am Dienstag teilte ein Sprecher der Gerichtsverwaltung in Madrid der Deutschen Presse-Agentur mit, dass noch kein Termin für die Entscheidung des Landgerichts über den Aufschub bestünde. Es sei daher ungewiss, ob das Gericht die Einwände des Hernández-Lagers bis zur Einrückfrist noch bearbeite. Für kommenden Freitag sei eine Besprechung mit den Richtern angesetzt. Eventuell wisse man dann mehr, hieß es. Nach Entspannung für den teuersten Spieler der Bayern-Geschichte klingt das alles nicht. Hinzu kam eine weitere schlechte Nachricht: Sollte die Haftstrafe bestehen bleiben, kann der 25-Jährige diese nicht im Ausland, etwa in Deutschland, absitzen. Er müsste definitiv nach Spanien.

Für Nagelsmann bedeutet die Unsicherheit um Hernández, dass er künftig möglicherweise mit einem Abwehrspieler weniger auskommen muss. Deshalb war er versucht, seine verbleibenden Defensivakteure zu bestärken, etwa Dayot Upamecano, den er aus seiner Zeit in Leipzig bestens kennt. "Upa hat eine sehr gute Entwicklung genommen, er hat ein unglaubliches Verteidiger-Gen", lobte der Coach. Gute Gene, die kann die Münchner Defensive wahrlich gebrauchen.

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