Süddeutsche Zeitung

Frauenfinale der French Open:Überstrahlt von der Drama-Queen

Lesezeit: 3 min

Kraft, Eleganz, Siegeswille: Serena Williams gegen Maria Scharapowa ist das bestmögliche Finale der French Open. Dennoch droht es, einseitig zu werden, weil gegen die Power der Amerikanerin derzeit kaum jemand ankommt. Es gibt aber auch andere Erklärungsversuche für die fehlende Spannung im Frauentennis.

Von Milan Pavlovic, Paris

Mit einem Mal wurden Feierlichkeiten vorbereitet, die Zuschauer staunten nicht schlecht. Wer könnte jetzt ausgezeichnet werden, mitten zwischen den beiden Halbfinals der Frauen? Gut 20 Ballkinder standen Spalier, mit Blumensträußen ausgestattet, die sie gleich überreichen würden. Schließlich wurde klar, dass die Frauentour sich selbst feierte: 40 Jahre lang gibt es nun die Vereinigung der Tennisspielerinnen (WTA), und zu diesem Anlass waren "Champions der Vergangenheit" eingeladen worden.

Na klar, Martina Navratilova, Martina Hingis und Arantxa Sánchez traten auf, und Fans von 500.000- Euro-Quizfragen konnten glänzen, indem sie verrieten, zu welchem Gesicht der Name der legendären Françoise Durr passte. Aber schon bald hatte die Parade dieser (Ex-) Siegerinnen dann, freundlich gesagt, etwas Improvisiertes. Was hatte die Kasachin Galina Woskobajewa hier verloren? Und was Sandrine Testud - außer der Tatsache, dass sie mal Top-10-Spielerin war?

Es war ein bisschen so, als hätten die Veranstalter kurz vor der Zeremonie entschieden, von zehn Spielerinnen auf zwanzig zu erhöhen - und wären dann kurz mal über die Anlage geeilt, um (Ex-)Spielerinnen aufzutreiben. Oben in der Kabine eines Fernseh-Senders stand Amélie Mauresmo, immerhin mal Gewinnerin von zwei Grand-Slam-Titeln, und schaute irritiert. Warum war sie nicht da unten, fragten sich viele Beobachter. Und sie selbst offenbar auch.

Diese kleine Feier wurde eher ungewollt zum Spiegelbild dessen, was gerade auf der Frauentour passiert. Es gibt viele Spielerinnen, die man nicht kennt, etliche andere, die man gar nicht kennen will, und zu viele, die bessere Tage gekannt haben. Es gibt so gut wie keine wahren Stars unter den Profis. Das hat zum einen mit der unterdurchschnittlichen spielerischen Qualität der Partien zu tun. Bei diesen French Open tat man sich schwer, überhaupt auf fünf Matches zu kommen, an die es sich zu erinnern lohnt.

Und manche davon aus wenig schmeichelhaften Gründen: Das zweite Halbfinale gewann Serena Williams 6:0, 6:1 gegen Sara Errani, immerhin Vorjahresfinalistin und Nr. 5 der Welt, und das Ergebnis war für die Italienerin noch schmeichelhaft. Sie verbuchte zwei Gewinnschläge gegenüber 40 ihrer Kontrahentin. Sara Erranis Plan, wie sie irgendwann einmal gegen Serena Williams mal zum Erfolg kommen könnte: "Wenn sie mal einen richtigen schlechten Tag erwischt."

Der andere Grund für die Baisse im Frauentennis ist die mangelnde Strahlkraft der meisten Athletinnen. Victoria Asarenka, die Nummer drei der Welt, ist zum Beispiel vor allem für ihr markerschütterndes und glasgefährdendes Gekreische bei jedem Schlag bekannt. Die Weißrussin hat den extrovertiertesten Fan der Welt, den Sänger Red Foo mit seiner Krusselfrisur. Aber die Massen bewegt sie nicht. Eine ihrer Erklärungen dafür: "Ich komme aus einem kleinen Land." Genau, daran wird's liegen.

Serena Williams überstrahlt alles, entweder als Drama Queen oder wie derzeit als Spielerin. Und Maria Scharapowa hat es auf beachtliche Weise geschafft, ihr Image als Model im Tennis-Rock und ihre Rolle als bestbezahlte Sportlerin der Welt wenigstens phasenweise durch exzellentes Tennis zu überdecken.

Aber selbst bei ihr kann man nicht immer sicher sein. Im Viertelfinale verlor sie den ersten Satz 0:6. Im Halbfinale gegen Asarenka unterliefen der Russin elf Doppelfehler, und ihre Alles-oder-Nichts-Spielweise führt selbst bei ihrer elften Teilnahme in Paris dazu, dass sie manchmal unbeholfen aussieht und an die Zeiten erinnert, als sie sich auf Sand "wie eine Kuh auf Eis" vorkam.

Das Finale am Samstag (15 Uhr, Eurosport) bestreiten immerhin Scharapowa und Williams, die derzeit einzigen echten Galionsfiguren ihres Sports. Ein Thriller verspricht aber selbst das nicht zu werden. Dafür ist Serena Williams derzeit einfach zu dominant. Die seit 29 Spielen unbesiegte Amerikanerin ist auf einer Mission: Vor elf Jahren hat sie zum einzigen Mal am Bois de Boulogne gewonnen, seitdem hat sie bei den drei anderen großen Turnieren 13 Titel gesammelt.

Diese Wartezeit verleiht ihr zusätzliche Motivation. Fast genau so lang ist es her, dass die Amerikanerin gegen Maria Scharapowa verlor. Das war 2004, als die damals 17-Jährige Russin die Tennis-Welt überwältigte mit ihrem Wimbledon-Sieg, im Finale gegen die mindestens ebenso überraschte Serena Williams.

Ab 2005 hat Scharapowa jedoch zwölf Spiele in Serie gegen inzwischen 31-jährige Kalifornierin mit Zweitwohnsitz Paris verloren und dabei nur drei Sätze gewonnen. "Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mich die Bilanz nicht stört", sagte die 26-Jährige nach ihrem Halbfinale. Sie wäre vermutlich schon froh, wenn sie Ergebnisse wie bei Olympia 2012 (0:6, 1:6) vermeiden und Serena Williams fordern, vielleicht sogar gefährden könnte. Damit sie sich bei der nächsten Frauenfeier auf dem Court Central nicht deplatziert verkommt.

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Quelle:
SZ vom 08.06.2013
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